Religionsvertreter nach Terroranschlägen für Zusammenhalt
KNA 16.11.2015
Paris/Bonn (KNA) Drei Tage nach den Terroranschlägen in Paris hält die Bestürzung unter Religionsvertretern an. Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki mahnte zu Besonnenheit. Die Reaktion dürfe "nicht kopflos, ja: nicht würdelos" ausfallen, schreibt er in einem Gastbeitrag für die Tageszeitung "Express" (Montag). Die Trennlinie in der Welt verlaufe nicht zwischen Religionen oder Kulturen, sondern "zwischen Freiheit und Unfreiheit".
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, sag-te auf NDR Info, die Terroranschläge dürften nicht für einen Kurswechsel in der Flüchtlingspolitik instrumentalisiert werden. Die Kirchen würben mit Nachdruck dafür, dass der Mensch in der Diskus-sion im Mittelpunkt stehe.
Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin rief politische wie religiöse Akteure auf, den Terrorismus auszurotten. "Muslime müssen Teil dieser Lösung werden", sagte er im Interview der französischen Tages-zeitung "La Croix" (Montag). Frankreich, Europa und die ganze Welt müssten ihre Sicherheits- und Geheimdienste sowie die Polizei mobilisieren, um den Terrorismus zu vernichten. Dafür seien Bildung sowie die Überwindung von Hass notwendig. Zudem müssten Antworten gefunden werden für junge Menschen, die in den Dschihad ziehen wollten.
Der Wiener Kardinal Christoph Schönborn wertet die Terrorattentate von Paris als eine "Kriegserklärung". Sie richte sich "nicht nur gegen das Christentum, sondern auch gegen den Westen, gegen die Zivilisation, die Menschenwürde und auch gegen den Islam, der nicht den IS-Vorstellungen entspricht", sagte Schönborn der "Kronen Zeitung" (Montag).
Der Rottenburg-Stuttgarter Bischof Bischofs Gebhard Fürst mahnte, Muslime nicht unter Generalverdacht zu stellen. "Wir werden den Mördern und Extremisten nicht den Gefallen tun, das in der Regel gute Miteinander von Christen und Muslimen in unserem Land in Gefahr zu bringen." Es gelte nun, eine "freundliche Gesellschaft" zu verteidigen, betonte Fürst in einem Kondolenzschreiben an den Pariser Kardinal Andre Vingt-Trois.
Die katholische Friedensbewegung Pax Christi distanzierte sich von der Formulierung "Kriegserklä-rung" für die Terroranschläge. Es handele sich vielmehr um "ein Verbrechen", so die Organisation in Berlin. Es brauche nun europäische und internationale Zusammenarbeit. Auch müsse nach den Ur-sachen des Terrors gefragt werden. "Es muss nachdenklich machen, dass die Täter von Paris nach bisherigen Ermittlungen vor allem aus europäischen Gesellschaften kommen."
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, warnte davor, die An-schläge in Zusammenhang mit der Zuwanderungsdebatte zu bringen. Flüchtlinge seien "nicht jene, die den Terror in sich tragen. Im Gegenteil: Sie suchen Zuflucht vor dem Terror", sagte er der in Düs-seldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Die islamischen Verbände in Deutschland verurteilten die Anschläge. "Wir sind bestürzt und ent-setzt", heißt es in einer in Köln veröffentlichten gemeinsamen Erklärung der in der Deutschen Islam-konferenz (DIK) vertretenen Verbände. Die Anschläge seien "auch ein Angriff auf uns", schreiben die Vertreter der Muslime, und weiter: "Die Mörder von Paris irren, wenn sie glauben, sie seien die Voll-strecker eines göttlichen Willens." Die Erklärung unterstützen auch mehrere Verbände, die nicht in der DIK organisiert sind.
Bei den Anschlägen am Freitagabend, zu denen sich die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) bekann-te, waren 132 Menschen getötet und mehr als 350 teils schwer verletzt worden.
(KNA - plllq-89-00088)
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