Soziologe beobachtet Bürokratisierung des Islamismus
KNA 24.11.2015
München (KNA) Die Struktur der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) wird nach Ansicht des Soziologen Stefan Kühl immer bürokratischer. Aus soziologischer Perspektive sei der Islamismus "zunächst einmal nichts anderes als der typische Fall einer sozialen Bewegung", schreibt Kühl in einem Gast-beitrag in der "Süddeutschen Zeitung" (Dienstag). Zunehmend jedoch wandle sich der Aufbau immer mehr zu dem einer Organisation. In dieser Form lasse sich der IS vergleichsweise gut bekämpfen.
Soziale Bewegungen orientierten sich an Werten, die eine mobilisierende Kraft für Teile der Bevölkerung ausstrahlen, erklärte der Soziologe. Sowohl die Mitglieder einer sozialen Bewegung als auch eine genaue geografische Verortung sei allerdings schwierig auszumachen. Hieraus ergäbe sich die Schwierigkeit, gegen soziale Bewegungen anzugehen. Beim IS beobachte Kühl eine zunehmende "Verorganisierung". Dies hänge einerseits damit zusammen, dass die islamistische Bewegung finanzielle Zuwendungen erhalte, die verteilt werden müssten. "Für die Lieferung von Waffen und Geld braucht man Adressen, und darüber verfügen nur Organisationen", schreibt Kühl. Zusätzlich würden kleinere europäische Gruppen rekrutiert, die "mit einer schlagkräftigen Organisation im Irak" Kontakt herstellen müssten. Ebenso sei "die Entstehung eines islamistischen Protostaates in Ostsyrien und Westirak", der einer Bürokratie bedürfe, verantwortlich für die "Verorganisierung" der Bewegung. Für die Bekämpfung des Islamismus habe die Bürokratisierung laut Kühl positive Effekte. So sei die Verortung einer Organisation möglich, da sie "eine, wenn auch nicht immer leicht feststellbare Adresse" habe. Durch die "Verorganisierung" verliere die Bewegung zudem an Besonderheit für potenzielle Mitglieder.
(KNA - pllmo-89-00037)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.