Experten: Jungen Radikalisierten fehlt Wertschätzung im Privaten
KNA 16.03.2015
Berlin (KNA) Experten fordern mehr Aufklärung über den Islam und mehr Präventionsarbeit gegen eine Radikalisierung junger Muslime. Die meisten Jugendlichen, die sich etwa dem Terrorkampf für den "Islamischen Staat" (IS) anschlössen, hätten sich zuvor oft diskriminiert und in ihrem engen Umfeld nicht wertgeschätzt gefühlt, sagte Florian Endres, Leiter der Beratungsstelle "Radikalisierung" im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, am Montag in Berlin. Er äußerte sich bei einem Fachgespräch der Unionsfraktion.
Es gebe durchaus Kinder, die aus streng christlichen Familien kämen, die sich bewusst dem Salafismus zuwendeten. Das sei in dieser Situation die größtmögliche Rebellion gegen die Ansichten der Eltern und gegen die private Situation, erklärte Endres. Hier brauche es auch bei den Familien viel Aufklärungsarbeit. Es reiche zudem nicht, nur die Ideologie zu dekonstruieren. Den Jugendlichen müsse eine Zukunftsperspektive gegeben werden, betonte Endres.
Die islamische Religionspädagogin Lamya Kaddor bekräftigte, dass junge Muslime in Deutschland ganz gezielt zu mündigen Muslimen erzogen werden müssten. Vielen würde von den unterschiedlichsten Seiten der "eine richtige Islam" vorgebetet. Das führe oft zu Verwirrung und auch Überforderung. Dabei müsste jeder seine eigene verantwortungsvolle Religiosität entdecken. "Salafisten sind deshalb so erfolgreich, weil sie die besseren Sozialarbeiter sind, nicht weil sie theologisch fundierter argumentieren, gab Kaddor zu bedenken.
Viele Moscheegemeinden hätten das Problem der Radikalisierung noch gar nicht erkannt, beklagte Kaddor. Dabei sei es keine Lösung, solche radikalisierten Jugendlichen aus der Gemeinde auszuschließen, vielmehr müsse sich um die Betroffenen verstärkt und ganz bewusst gekümmert werden. Die Integrationsbeauftragte der Unionsfraktion, Cemile Giousouf (CDU), appellierte an die muslimischen Gemeinden, sich der Verantwortung bei der Präventionsarbeit und der Aufklärung noch mehr anzunehmen.
(KNA - pknlq-89-00146)
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