Kirchen und Gauck gedenken des Völkermords an Armeniern
KNA 23.04.2015
Berlin (KNA) Mehr als 1.100 Menschen, darunter auch Bundespräsident Joachim Gauck, haben am Donnerstagabend in einem ökumenischen Gottesdienst im Berliner Dom des Völkermordes an christlichen Armeniern, Aramäern, Assyrern und Pontos-Griechen vor 100 Jahren gedacht. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sprach in seiner Predigt von einem "Menschheitsverbrechen". Solche Gewalttaten konfrontierten die ganze Menschheit und jeden Einzelnen "mit den moralischen Abgründen, die wir alle als Möglichkeit in uns tragen". Immer mehr Staaten sowie politische und religiöse Führer in aller Welt bezeichneten diese Ereignisse inzwischen als Völkermord, so der Kardinal. Auch Papst Franziskus habe dies getan.
Marx hob hervor, dass nicht an die Grausamkeiten der Geschichte erinnert werde, um die Vergangenheit nicht vergehen zu lassen. Vielmehr gehe es darum, dass "eine verdrängte Vergangenheit uns nicht gefangen nimmt und uns innerlich vergiftet". Der Münchner Erzbischof erinnerte daran, dass die Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg eine "unverdiente Chance der Aussöhnung" erhalten hätten. "Wir haben Vergebung erfahren. Aber der Preis ist der Mut zur Ehrlichkeit gegenüber der eigenen Geschichte und die wirkliche Bereitschaft, auf die Opfer und ihre Nachkommen zu hören", betonte der Kardinal. Anders gebe es auch heute keine Wege in eine gemeinsame Zukunft der durch geschichtliche Schuld getrennten Völker.
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, sprach auch die Verantwortung Deutschlands bei dem Genozid an. Auch dürfe nicht verschwiegen werden, dass evangelische Kirchenleitungen und Missionsgesellschaften vor 100 Jahren genau Bescheid gewusst hätten, aber "dennoch wegschauten und untätig blieben", fügte er hinzu. "Nur wenn wir diese eigene Mitschuld deutlich und klar aussprechen und anerkennen, können wir auch andere dazu ermutigen, sich aufrichtig und objektiv mit dem Verbrechen des Genozid auseinanderzusetzen." Nach Schätzungen wurden bis zu 1,5 Millionen Armenier und andere Christen zwischen 1915 und 1922 im Osmanischen Reich ermordet.
Zu dem Gottesdienst eingeladen hatten die EKD, die Deutsche Bischofskonferenz, die Armenische Apostolische Kirche und die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Während der Feier betete Erzbischof Karekin Bekdjian, der Primas der Diözese der Armenischen apostolischen Kirche in Deutschland, Psalm 34 (Den Herrn will ich preisen allezeit, beständig soll sein Lob in meinem Munde sein) auf Armenisch. Der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz von Deutschland, Metropolit Augoustinos, intonierte ihn auf Griechisch und Erzbischof Philoxenos Mattias Nayis sowie Erzbischof Julius Hanna Aydin (Syrisch-Orthodoxe Kirche von Antiochien in Deutschland) auf Aramäisch.
(KNA - pkomn-89-00143)
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