Islamratsvorsitzender für Beibehaltung von Blasphemie-Paragraf
KNA 26.01.2015
Berlin (KNA) Der Islamratsvorsitzende Ali Kizilkaya plädiert für eine Beibehaltung des Blasphemie-Paragrafen in seiner jetzigen Form. Sowohl eine Verschärfung wie eine Abschaffung der Vorschrift geschehe letzten Endes unter dem Einfluss der islamistischen Terroranschläge von Paris, sagte Kizilkaya der "Welt am Sonntag". Er wolle aber nicht, dass Terroristen darüber bestimmten, "wie wir unser Land gestalten".
Gotteslästerung gilt in Deutschland seit 1871 als Straftatbestand. Seit der Strafrechtsreform von 1969 ist der betreffende Paragraf 166 des Strafgesetzbuches jedoch eingeschränkt. Bis dahin war die "Beschimpfung religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse" das Kriterium. Seitdem ist die Beschimpfung eines religiösen oder weltanschaulichen Bekenntnisses nur strafbar, wenn sie geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören. Strafrechtliches Schutzgut ist damit der öffentliche Friede und nicht mehr das religiöse oder weltanschauliche Empfinden.
Nach den Anschlägen auf die französische Zeitschrift "Charlie Hebdo" hatte die Diskussion über den Paragrafen neuen Auftrieb erhalten. Zuletzt sprach sich der Leiter des Kirchenrechtlichen Instituts der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Hans Michael Heinig, zum wiederholten Mal für eine Streichung der Vorschrift aus. Dies wäre seiner Ansicht nach ein sichtbares Zeichen für die Presse- und Kunstfreiheit, so Heinig in einem Beitrag für die Wochenendausgabe der "Süddeutschen Zeitung". Die katholische Kirche hatte für eine Beibehaltung der geltenden Regelung votiert.
Eine "echte Respektskultur" lasse sich nicht über eine Gesetzesänderung erzwingen, sagte der Islamratsvorsitzende Kizilkaya. Dabei gehe es ihm nicht nur um die Muslime. Auch die Abbildung von Papst Benedikt XVI. mit einem gelben Urinfleck auf der weißen Soutane im Satiremagazin "Titanic" habe ihn betroffen gemacht. Mit Blick auf die Anschläge von Paris beklagte Kizilkaya zudem eine Tendenz zur Oberflächlichkeit in der öffentlichen Debatte. Mit dem Slogan "Je suis Charlie" könne er wenig anfangen.
"Um mich von Gewalt zu distanzieren, muss ich mich nicht mit der Verachtung des Heiligen identifizieren", so Kizilkaya. Insofern unterscheide er zwischen den Toten und den von ihnen publizierten Mohammed-Karikaturen. "Halbwegs reflektierte Zeitgenossen" sollten diese Unterscheidung nachvollziehen können, die in dem Hype um den "Ich bin Charlie"-Slogan "leider" untergegangen sei, sagte der Islamratsvorsitzende.
(KNA - pklmp-89-00044)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.