Bischöfe: Waffengewalt in Syrien als letztes Mittel hinnehmbar
KNA 30.11.2015
Berlin (KNA) Die deutschen katholischen Bischöfe akzeptieren unter bestimmten Umständen auch militärische Gewalt zur Lösung des Syrienkonflikts. "Wenn es nicht anders geht als mit Waffen, dann sagen wir dazu Ja", erklärte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick am Montag vor Journalisten in Berlin. Dabei müsse es jedoch das Ziel sein, die Konfliktbeteiligten zu Verhandlungen zu bringen, so der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz. "Waffen allein schaffen keinen Frieden", betonte Schick. Militärische Gewalt könne die Kirche des-halb "nicht befürworten, allenfalls hinnehmen". Der Erzbischof hob die kritische Lage des Christen-tums in Syrien hervor. Durch den Krieg drohe es wie im Irak zu verschwinden, nachdem es das Land seit 2.000 Jahren "in seiner Toleranz und Humanität mitgeprägt" habe.
Gemeinsam mit Schick warb der Patriarch der libanesischen Maroniten, Kardinal Bechara Rai, für ein stärkeres internationales Engagement zur Beendigung des Syrienkonflikts. Erforderlich sei mehr Druck auf Saudi-Arabien und den Iran, die auf syrischem Boden um die regionale Vorherrschaft kämpften. Dieser Konflikt bedrohe auch die Stabilität des Libanon, warnte der Patriarch. Sein Heimatland habe bei vier Millionen Libanesen 1,5 Millionen Syrienflüchtlinge aufgenommen. Dies sei eine enorme Belastung für die Wirtschaft, aber auch für staatliche Einrichtungen wie das Bildungs-system. Die mit der römisch-katholischen Kirche unierten Maroniten sind die größte christliche Gemeinschaft im religiös vielfältigen Libanon. Ihr Patriarch spielt traditionell eine wichtige politische Rolle.
In einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) rief Rai am Montag die westlichen Regierungen zur Zurückhaltung gegenüber der arabischen Welt auf: "Wir Christen im Nahen Osten zahlen den Preis für die Entscheidungen dieser Regierungen." Die Muslime im Nahen Osten betrachteten jeden Schritt einer westlichen Regierung als christliche Entscheidung und die Christen im Nahen Osten als Verbündete des Westens. "Deshalb müssen die Staaten des Westens jeden Konflikt mit der arabischen Welt vermeiden, damit die Muslime keinen Grund sehen, Christen anzugreifen."
Rai erklärte mit Blick auf die Zukunft Syriens, die Christen könnten mit jeder Art von Regierung leben. So hätten die Christen im Irak unter Saddam Hussein ein "relativ gutes Zeitalter" erlebt. Von den muslimischen Religionsführern im Nahen Osten wünschte sich Rai eine gemeinsame Stellungnahme gegen anti-christliche Hassreden. Rai hob hervor, dass Christen und Muslime im Nahen Osten seit 1.400 Jahren zusammenlebten und eine gemeinsame Kultur entwickelt hätten. Diese zu bewahren, sei Sinn der christlichen Präsenz in der Region. Deshalb sei es "nicht akzeptabel zu sagen, die Christen könnten woanders ein neues Zuhause finden". Zugleich dankte Rai Deutschland für die Aufnahme vieler Syrienflüchtlinge.
(KNA - pllnk-89-00061)
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