Wachsende Sorge bei Schulleitern wegen Karlsruher Kopftuchurteil
KNA 23.03.2015
Berlin (KNA) Das Kopftuchurteil des Bundesverfassungsgerichts stößt zunehmend auf Kritik. Franziska Giffey (SPD), die in wenigen Tagen das Amt von Heinz Buschkowsky als Bezirksbürgermeisterin von Berlin-Neukölln übernimmt, zeigte sich wegen der Karlsruher Entscheidung besorgt. Ihr sei bisher kein Schulleiter begegnet, der über das Urteil aus Karlsruhe nicht entsetzt sei, erklärte die bisherige Bildungsstadträtin gegenüber der "Welt am Sonntag". "Und wenn mir so viele Leute sagen, dass wir ein Problem haben, dann gehe ich mal vorsichtshalber davon aus, wir haben eins."
Nun werde etwas "in tausend mühsame Aushandlungsprozesse aufgesplittert", was in Berlin gut geregelt war - die Neutralität der Schule: "Ein freiheitliches und demokratisches Menschenbild kann man nicht jedes Mal wieder von neuem diskutieren", so Giffey.
Die Vizechefin der NRW-Frauenunion und nordrhein-westfälische Landtagsabgeordnete Ina Scharrenbach (CDU) meldete sich ebenfalls kritisch zu Wort: "Das Kopftuch ist für mich ganz klar ein Symbol der Geschlechtertrennung", sagte sie der Zeitung. Die traditionalistischen Kreise dürften sich durch das Urteil "gestärkt fühlen".
Der ehemalige Präsident des nordrheinwestfälischen Verfassungsgerichtshofs, Michael Bertram, geht in seiner Kritik am Urteil des Bundesverfassungsgerichts noch weiter. "Wenn Karlsruhe dass Kopftuch für so unbedenklich und mit dem Gebot weltanschaulicher Neutralität des Staates vereinbar hält, was kommt dann danach? Richterinnen mit Kopftuch? Bundesverfassungsrichterinnen mit Kopftuch?", meinte er gegenüber der Zeitung. Er könne sich "jedenfalls nicht vorstellen, dass eine Muslima, die aus religiösen Gründen auf dem Tragen des islamischen Kopftuchs besteht, Hüterin unserer freiheitlichen Verfassung sein kann."
Ali Kizilkaya, Vorsitzender des Islamrats für die Bundesrepublik Deutschland, begrüßte das Urteil dagegen. "Eine Kopftuch tragende Lehrerin ist ein positives Rollenmodell für muslimische Mädchen" sagte er der Zeitung. Kizikaya geht davon aus, dass es "bundesweit Hunderte von muslimischen Frauen" gebe, die gern auf Lehramt studieren wollten "und nur durch die bisherigen Kopftuchverbote davon abgehalten wurden".
(KNA - pknml-89-00057)
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