Schriftsteller Senocak warnt vor radikalem "Discount-Islam"
KNA 22.07.2015
Berlin (KNA) Der deutsch-türkische Schriftsteller Zafer Senocak hat vor einem aggressiven "Discount-Islam" gewarnt. Radikale Strömungen wie der Salafismus verbreiteten sich wie "chronische, unheilbare Krankheiten", schreibt er in einem Gastbeitrag in der "Welt" (Mittwoch).
Über Jahrhunderte seien muslimische und jüdische Ärzte in der Heilkunst führend gewesen, so Senocak weiter. Aus dem heilenden Islam sei jedoch "ein unheilbarer Islam geworden, der inzwischen eine weltweite Bedrohung darstellt". Diese Unheilbarkeit hänge unmittelbar mit dem Verlust kreativer Kräfte in der islamischen Kultur zusammen.
Dadurch, argumentierte Senocak, fühlten sich die Muslime stets in der Defensive. "Wo Demütigung herrscht, gibt es keine Demut. Die islamische Kultur hat ihre Demut verloren, da sie einer permanenten Demütigung ausgesetzt ist." Viele Betroffene machten dafür die USA, den Westen oder Israel verantwortlich. "An der eigenen Misere sind grundsätzlich nur andere Schuld", kritisierte Senocak.
Die westliche Welt sei indes gefragt, auf diesen "Zivilisationsbruch in der islamischen Welt" zu reagieren - mit einer "lebensbejahenden Sprache". "Wenn junge Demokratien wie Tunesien und auch die Türkei attackiert werden, brauchen wir eine Antwort, die der Zivilgesellschaft in diesem Land den Rücken stärkt", betonte Senocak.
Kritik übte der Lyriker auch an der Türkei. "Die türkische Regierung, immerhin die eines Nato-Staates, hat es fertiggebracht in den Verdacht zu geraten, den Islamischen Staat zumindest logistisch zu unterstützen." Anstatt stolz auf ihr säkulares Staatssystem zu sein, trauerten viele Türken "einer muslimischen Gesellschaft nach, schicken ihre Kinder in religiöse Schulen und sehen taten- und regungslos zu, wie im Namen ihres Glaubens die abscheulichsten Verbrechen begangen werden."
(KNA - pkrmm-89-00011)
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