Anhörung im Landtag über Bekenntnisschulen
KNA 05.02.2015
Von Johannes Nitschmann (KNA)
Düsseldorf (KNA) Es gibt keine großen Widerstände gegen das Ziel der nordrhein-westfälischen Landesregierung, künftig evangelische und katholische Konfessionsgrundschulen leichter in Gemeinschaftsschulen umwandeln zu können. Bei einer Experten-Anhörung am Mittwoch im Düssel-dorfer Landtag unterstützten die Vertreter der Kommunen den Gesetzesentwurf der rot-grünen Koalition. Auch die Kirchenvertreter signalisierten Kompromissbereitschaft. In vorangegangenen Verhandlungen mit den Parteien hatten sie einen "moderaten Anpassungsbedarf" eingeräumt. Die Kirchen halten an den Bekenntnisschulen fest, wollen aber "keine Monopolsituation".
Die Bekenntnisgrundschulen gibt es in dieser Form nur in NRW und Niedersachsen. Dabei handelt es sich um religiös ausgerichtete Schulen, aber in staatlicher Trägerschaft. In NRW gibt es fast 1.000 solcher in der Landesverfassung abgesicherter Schulen: 879 katholische, 94 evangelische und 2 jüdische. Insgesamt machen sie etwa ein Drittel aller Grundschulen in NRW aus. Sie wurden in der Nachkriegszeit entsprechend den damaligen religiösen Proportionen eingerichtet.
Doch die Zeiten haben sich geändert: Die Zahl kirchlich gebundener Schüler sinkt, weshalb es in einigen Regionen nun zu viele Bekenntnisschulen gibt. Zudem sind heute viele Schüler Muslime, die mancherorts keine neutrale Gemeinschaftsgrundschule in der Nähe wählen können. In 81 der 396 Kommunen an Rhein und Ruhr existiert laut Schulministerium derzeit nur eine Bekenntnisgrundschule. Dies empfinden nicht nur die Politiker als Dilemma, sondern auch die Kirchen.
Nach dem Gesetzentwurf sollen künftig 10 statt 20 Prozent der Eltern an einer Bekenntnisschule ausreichen, um eine Abstimmung über deren Umwandlung in Gang zu setzen. Falls bei der Abstimmung dann mehr als die Hälfte aller Eltern für eine Gemeinschaftsschule votieren, wird die Bekenntnisschule abgeschafft. Derzeit müssen dem zwei Drittel der Eltern zustimmen. Mit dem neuen Gesetz sollen erstmals auch die Kommunen ein Initiativrecht für die Umwandlung von Schulen erhalten. Bisher konnten allein die Eltern ein Verfahren einleiten.
Ferner sieht der Entwurf vor, dass an den Bekenntnisschulen auch konfessionsfremde Lehrer unter-richten dürfen. Voraussetzung sei die Bereitschaft dieser Lehrkräfte, nach den Grundsätzen der jeweiligen Glaubenslehre "zu unterrichten und zu erziehen". Schulleiter einer Bekenntnisschule sollen auch weiterhin deren Konfession angehören.
"Wir sehen, dass Änderungsbedarf existiert", erklärte der Leiter des Katholischen Büros NRW, Anto-nius Hamers. Allerdings blieben Konfessionsschulen auch in Zukunft in NRW "ein unverwechselbares und unverzichtbares Bildungsangebot". Dem Beauftragten der Evangelischen Kirche bei der Landesregierung, Kirchenrat Thomas Weckelmann, scheint der rot-grüne Gesetzentwurf "geeignet, notwendige Klärungsprozesse" herbeizuführen. Zuwanderung und eine verstärkte Mobilität hätten die Bevölkerung nachhaltig verändert.
Zugleich plädierten die Kirchenvertreter dafür, bei Konfessionsschulen künftig auch bekenntnisfremden Religionsunterricht zuzulassen. Dies sieht der Entwurf nicht vor. Bei Privatschulen in katholischer Trägerschaft sei Religionsunterricht für Schüler eines anderen Bekenntnisses eine "schlichte Selbstverständlichkeit", sagte der pädagogische Referent des Katholischen Büros, Ferdinand Claasen.
Die kommunalen Spitzenverbände wollen bei Konfessionsschulen künftig auch bekenntnisfremde Schulleiter einsetzen können. Dies würde bei der Stellenvakanz gerade an kleinen Grundschulen eine Nachbesetzung vereinfachen, erklärte ein Vertreter des NRW-Städtetages. Auch der Städte- und Gemeindebund will eine "Öffnungsklausel" für Schulleitungen an Konfessionsschulen. Zugleich legten die Vertreter der kommunalen Spitzenverbände wegen der "verfassungsrechtlichen Relevanz" Wert auf eine "einvernehmliche Regelung" mit den Kirchen. "Eine streitige Regelung würden wir ausdrücklich nicht unterstützen."
(KNA - pkmko-89-00131)
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