Aramäer-Verband: Berlin will sich nicht mit Türkei anlegen
KNA 07.04.2015
Heidelberg (KNA) Der Bundesverband der Aramäer in Deutschland (BVDAD) zeigt sich enttäuscht über den "fehlenden Mut" der Bundesregierung, den Völkermord an den Aramäern, Armeniern und Griechen im Osmanischen Reich endlich beim Namen zu nennen. Auch 100 Jahre nach dem Geschehen fehle Berlin der Mut, sich mit der Türkei anzulegen, kritisiert der Verband in Heidelberg in einer Pressemitteilung am Samstag. Die Aufweichung des gemeinsamen Entwurfstextes der Großen Koalition durch die Herausnahme des Begriffs Völkermord, sei ein herber Rückschlag für die Nachkommen der zumeist christlichen Opfer des Osmanischen Reiches. „Für die Nachkommen der Opfer ist das eine tiefe Enttäuschung. Mit der Ablehnung des Begriffs Völkermord hat sich die Bundesregierung ein weiteres Mal nicht auf die Seite der Opfer, sondern der türkischen Regierung gestellt, die sich hartnäckig weigert, Verantwortung für ihre Geschichte zu übernehmen", moniert der BVDAD-Vorsitzende Daniyel Demir. Dies sei weder förderlich für eine angemessene Erinnerungskultur noch werde damit die Versöhnung unterstützt. Für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan sei dies jedoch "ein wichtiger Sieg über die Nachkommen der Opfer.“ Zwischen 1915 und 1923 sind nach Angaben des Verbands, der die schätzungsweise 100.000 in Deutschland lebenden Aramäer repräsentiert, neben den Armeniern auch bis zu 600.000 Aramäer durch Massenmord und Deportation durch das osmanische Militär umgekommen. Dies entspreche etwa zwei Dritteln der Mitglieder der damals auf dem Gebiet der heutigen Türkei lebenden Aramäer. Weitere bis zu 300.000 Aramäer seien aus ihrer angestammten Heimat vertrieben oder als Kinder verschleppt und zwangsislamisiert worden, heißt es in der BVDAD-Pressemitteilung.
(KNA - pkoko-89-00009)
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