Terrorismusforscher fordert Strategie gegen Islamisten
KNA 23.03.2015
Köln (KNA) Im Kampf gegen die islamistische Bedrohung vermisst der Terrorismusforscher Peter Neumann eine nationale Vorbeugungsstrategie. Zwar werde Geld für Prävention ausgegeben, dies geschehe aber unkoordiniert, sagte der Forscher des Londoner King's Kollege am Sonntag im Deutschlandfunk. "Es ist im Prinzip immer noch Kraut und Rüben."
Verschiedene Ministerien auf Bundes- und Landesebene finanzierten die Arbeit, "aber niemand setzt Prioritäten, und niemand lernt voneinander", so der Politologe, der als einer der renommiertesten Terrorismusforscher der Welt gilt. Andere Länder wie die Niederlande, Norwegen und Großbritannien setzten bereits seit Jahren erfolgreich eine Präventionsstrategie um.
Neumann leitet am Londoner King's College das Internationale Zentrum zur Erforschung von Radikalisierung und politischer Gewalt. An seinem Institut seien inzwischen 700 Dschihadisten erfasst worden, mit denen man sich größtenteils über soziale Netzwerke, aber auch vor Ort unterhalten habe, so Neumann. Ein Problem, mit dem auch die Geheimdienste zu kämpfen hätten, sei es, zu unterscheiden, wer selbst gewaltbereit sei und wer nur den Kämpfern im Internet folge. "Dass man bei Twitter aktiv ist, heißt nicht, dass man sie vor Ort unterstützt."
Die Sympathisanten in Europa schätzt der Politologe als zurzeit potenziell gefährlicher ein. Die Anschläge in Paris, Kopenhagen und auch Ottawa seien von enthusiastischen Unterstützern, nicht von Auslandskämpfern, verübt worden. Jeder fünfte dieser Kämpfer stamme aus Europa, langfristig drohe aber auch durch sie Gefahr, nämlich dann, wenn sie zurückkehrten.
Zum Vorgehen des Islamischen Staats sagte Neumann, die extreme Brutalität erfolge aus ideologischen Gründen. Es gebe eine "Eskalationsspirale, die durch die Aufmerksamkeit angetrieben wird". Der große Gegner des IS sei der Westen, allerdings habe der Aufbau eines Kalifats Priorität für die Terrormiliz. Es gehe ihr darum, "Stärke aufzubauen, um irgendwann den Westen anzugreifen."
(KNA - pknmm-89-00024)
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