Zahl der Salafisten in NRW in drei Jahren auf 2.000 verdoppelt
KNA 08.06.2015
Düsseldorf (KNA) Der radikale Salafismus hat in Nordrhein-Westfalen weiterhin erheblichen Zulauf. Derzeit haben die Sicherheitsbehörden etwa 2.000 Salafisten im Visier, wie Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Montag bei der Vorstellung des aktuellen NRW-Verfassungsschutzberichts sagte. Damit hat sich die Zahl in den letzten drei Jahren nahezu verdoppelt.
325 Salafisten in NRW würden als gewaltbereit eingestuft, so Jäger. Davon gälten etwa 100 als sogenannte "Gefährder", denen auch Anschläge zugetraut werden. Deren "Risikopotenzial" nehme ständig zu. Deshalb seien bei Polizei und Verfassungsschutz 385 neue Stellen geschaffen worden. Zugleich setze die Landesregierung auf eine stärkere Aufklärung, um vor allem junge Menschen vor dem Salafismus zu bewahren.
Der Minister bezeichnete den Salafismus als "sehr dynamisch wachsende Bewegung"; eine Stagnation sei bisher nicht absehbar. Angesichts der 1,5 Millionen überwiegend friedliebenden Muslime in NRW handele es sich aber um eine extremistische Minderheit.
Zwischenzeitlich hätten sich 30 Aktivisten aus der Szene gelöst, sagte Jäger. Etwa zehn dieser Personen würden von einem Aussteigerprogramm begleitet. Seit Jahresbeginn sei die Ausreise nordrhein-westfälischer Bürger in dschihadistische Kriegsgebiete nach Syrien und in den Nordirak rückläufig. Aber es sei "zu früh, von einer Trendwende zusprechen". Seit 2012 sind laut Verfassungsschutz mehr als 180 Personen aus NRW in die Kriegsgebiete ausgereist, erklärte Jäger. In weiteren 60 Fällen hätten die Behörden eine Ausreise sogenannter Gotteskrieger verhindert.
Immer häufiger reisten auch junge Frauen und Mädchen in den Dschihad, so Jäger. Deren romantische Vorstellungen von einem traditionellen Eheleben mit einem heldenhaften Kämpfer würden in der Realität enttäuscht. "Als Zweit- oder Drittfrau eines verrohten Terroristen inmitten eines Bürgerkrieges steht ihnen ein entbehrungsreiches Leben bevor."
Nach Beobachtungen der Sicherheitsbehörden organisieren sich die Salafisten in NRW in 40 Netzwerken mit jeweils 5 bis 80 Personen. Regionale Hochburgen befänden sich im Ruhrgebiet sowie im Raum Köln, Bonn und Aachen.
Der Verfassungsschutz beobachtet derzeit 20 der 850 Moscheen in NRW, wie der Leiter Burkhard Freier ausführte. Die Salafisten finanzierten sich über Mitgliedsbeiträge, Benefizveranstaltungen, Spendensammlungen sowie finanzielle Zuwendungen aus dem Ausland. Dabei gehe es um Zahlungen reicher Einzelpersonen, aber auch ausländischer Staaten. Deren Namen könne er öffentlich gegenwärtig jedoch nicht nennen, erklärte Freier, da die Erkenntnisse seiner Behörde bisher "nicht gerichtsfest" seien.
(KNA - pkqks-89-00131)
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