Experte: Großteil der irakischen Jesiden geflüchtet
KNA 16.03.2015
Bonn (KNA) Der Großteil der irakischen Jesiden ist nach Einschätzung von Experten inzwischen vor der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) geflüchtet. "Etwa 400.000 jesidische Flüchtlinge leben zurzeit in der nordirakischen Kurdenregion", sagte der in Deutschland lebende Jeside Khalil Al-Rasho am Samstag in Bonn. Al-Rasho organisiert gemeinsam mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) Hilfstransporte in die Region. Nach Schätzungen lebten ursprünglich zwischen 550.000 und 600.000 Jesiden im Nordirak.
Mit den orientalischen Christen seien Jesiden die wichtigste Opfergruppe des IS, so Al-Rasho weiter. Die Terrorgruppe verfolge nicht nur Menschen, sondern zerstöre auch die jesidische Kultur systematisch: Mindestens 18 jesidische Tempel seien gesprengt worden.
Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Ihre Muttersprache ist das nordkurdische Kurmanji. Weltweit hat die Religionsgemeinschaft rund 800.000 Mitglieder. Sie entstand nach den Überlieferungen um 2.000 vor Christus und versteht sich als Ursprungsreligion der Kurden. Allerdings traten viele Kurden später zum Islam über. In Deutschland leben derzeit bis zu 80.000 Jesiden.
Jesiden haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt ("Baba Sheikh"). Jeside ist nur, wer von jesidischen Eltern abstammt. Wenn ein Mitglied der jesidischen Religion einen Andersgläubigen heiratet, gilt das als Austritt aus der Religionsgemeinschaft.
Jesiden werden seit Jahrtausenden sowohl religiös als auch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden - ethnisch verfolgt. Fundamentalistische Muslime betrachten sie als "ungläubig" und "vom wahren Glauben abgefallen". Deshalb verheimlichen Jesiden in ihren Heimatgebieten im Nahen Osten häufig ihre religiöse Identität. Das Verhältnis zu Christen gilt nach jesidischen Angaben als "sehr gut".
(KNA - pknlo-89-00031)
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