IS-Vertreibung "größte Katastrophe" im neueren Irak
KNA 31.07.2015
Aachen (KNA) Ein Jahr nach der Vertreibung von Angehörigen der religiösen Minderheit der Jesiden im Nordirak harren mehr als 10.000 Betroffene weiter im angrenzenden Sinjar-Gebirge aus. Das teil-te Salah Ahmad, Leiter der irakischen Hilfsorganisation Jiyan Foundation, am Freitag mit. Die Organisationen arbeiten eng mit dem katholischen Werk Entwicklungszusammenarbeit Misereor zusammen. Die Versorgungslage sei äußerst angespannt, hieß es weiter.
Im August 2014 waren Zehntausende Jesiden vor Terroristen des "Islamischen Staates" (IS) geflo-hen. Viele Flüchtlinge könnten sich weiterhin nur im Gebirge sicher fühlen, berichtete Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon. Ihre ursprünglichen Häuser seien zerstört oder vermint. "Man kann sich in die Gebäude nicht hineintrauen." Im Sinjar-Gebirge sei das Wasser zeitweise knapp geworden, da es sehr wenig geregnet habe, so die Hilfswerke weiter. Die größte Herausforderung sei jedoch die medizinisch-psychologische Be-treuung der Menschen. "Seit Jahresbeginn hat sich die Zahl der Patienten verdreifacht", so Ahmad. In der autonomen kurdischen Region des Iraks befänden sich zurzeit 1,5 Millionen Flüchtlinge. "Dabei sind irakische Binnenflüchtlinge aus dem Süden des Landes vielfach in besonders schlechter gesundheitlicher Verfassung." Ahmad äußerte zudem die Befürchtung, dass sich die Lage durch die jüngste Konfrontation zwischen der Türkei und der verbotenen kurdischen Organisation PKK noch erheblich verschärfen könnte.
Father Emanuel Youkhana, Direktor der Misereor-Partnerorganisation CAPNI (Christian Aid Program for Northern Iraq), berichtete unterdessen über die nach wie vor schwierige Lage der etwa 1.200 christlich-assyrischen Familien, die im Februar in Syrien vor den IS-Terroristen geflohen waren. Auch ihnen sei die Rückkehr in ihre Häuser wegen Verminung oder Zerstörung unmöglich gemacht worden. "Ihre Situation ist sehr belastend und gekennzeichnet von Zukunftsängsten und der Sorge um das zum Überleben Notwendige", so Father Emanuel. Die Vertreibung von Menschen durch den IS sei "die größte Katastrophe in der neueren Geschichte des Iraks". Auch im Libanon bleibe die Situation ernst, so Leonie Craes, die bei Misereor die Projektarbeit im Libanon betreut. Die Anzahl syrischer Flüchtlinge entspreche zahlenmäßig inzwischen einem Viertel der heimischen Bevölkerung.
(KNA - pkrnl-89-00059)
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