Debatte über Umgang mit islamistischen "Gefährdern"
KNA 23.11.2015
Berlin (KNA) In der Union ist eine Debatte über den Umgang mit den rund 420 in der Bundesrepublik lebenden islamistischen "Gefährdern" entbrannt. Während der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in der "Welt am Sonntag" forderte, den Druck auf diese Personengruppe zu erhöhen, warnte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) in der "Bild am Sonntag" vor überzogenen Erwartungen. Eine vollständige Überwachung beispielsweise sei "aus rechtlichen Gründen nicht ohne Weiteres möglich und bindet viele Ressourcen", erläuterte de Maiziere. Schon jetzt stünden die Betreffenden aber "unregelmäßig oder bei besonderen Anlässen" im Visier der Fahnder. "Das kann sogar wir-kungsvoller sein als eine Dauerbeobachtung."
Islamistische "Gefährder" sind potenzielle Terroristen, denen die Behörden politisch motivierte Straf-taten von erheblicher Bedeutung zutrauen. 125 der rund 420 in Deutschland bekannten "Gefährder" leben in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland. Bayerns Innenminister Herrmann forderte, der Staat müsse mehr Härte zeigen. Zu den Maßnahmen könne beispielsweise der Entzug der doppelten Staatsbürgerschaft gehören, so die Betreffenden eine solche besitzen. Herrmann ging gegenüber der "Welt am Sonntag" zudem davon aus, dass die Bundespolizei die Grenzen künftig "deutlich engmaschiger und wirksamer schützt".
Laut Erkenntnissen von Experten sind bislang 760 Menschen aus Deutschland nach Syrien oder in den Irak ausgereist, um sich dort dem "Islamischen Staat" oder anderen Terrorgruppen anzuschließen. Rund 80 Prozent seien Männer, meist unter 30 Jahre alt und in Deutschland aufgewachsen. Von den 760 Kämpfern sind 120 inzwischen zu Tode gekommen. Etwa ein Drittel ist wieder zurück in der Bundesrepublik. Gesetzesänderungen oder -verschärfungen angesichts der Terrorgefahr in Deutschland und Europa lehnte Bundesinnenminister de Maiziere ab. "In der aktuellen Lage sollten wir uns auf Ermittlungen und Strafverfolgungen konzentrieren und nicht über Gesetzesverschärfungen diskutieren", so de Maiziere in der "Bild am Sonntag".
Auch Veranstaltungen wie Konzerte oder Bundesliga-Spiele sollten weiterhin abgehalten werden. Der Polizeischutz hänge von der jeweiligen Lage ab, so de Maiziere. Inlands-Einsätze von Bundeswehrsoldaten im Kampf gegen den Terrorismus lehnte der Minister ab: "Die Gewährleistung der inne-ren Sicherheit ist in Deutschland Aufgabe der Polizei, die hierzu auch gut aufgestellt ist." Unterdessen will eine deutliche Mehrheit der Bundesbürger, nämlich 89 Prozent, ihr persönliches Verhalten trotz Terrorgefahr nicht verändern. Nur eine Minderheit gab in einer Emnid-Umfrage für die "Bild am Sonntag" an, Besuche von Großveranstaltungen wie Weihnachtsmärkten, Fußballspielen oder Konzerten einzuschränken.
(KNA - pllmm-89-00018)
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