Südafrikanische Söldner im Einsatz gegen Boko Haram
KNA 19.03.2015
Von Markus Schönherr (KNA)
Kapstadt (KNA) Früher kämpften sie für das weiße Apartheid-Regime, heute für Geld in Nigeria: Für die Männer in kugelsicheren Westen und Panzerfahrzeugen, die AK-47 im Anschlag, ist der Befehl zum Töten nicht neu. Ranghohe Diplomaten und regionale Beamte bestätigen, dass Nigerias Regierung Hunderte Südafrikaner für den Kampf gegen die Terrorgruppe Boko Haram angeheuert habe. Im Nordosten Nigerias würden weiße Söldner aus Südafrika mittlerweile zum gewohnten Anblick gehören. Die Regierung in Pretoria schäumt: Sie wolle die Betreffenden auf ihrer Heimkehr festnehmen lassen.
"Bei fast allen Südafrikanern, die gegen die Boko Haram kämpfen, handelt es sich um frühere Soldaten", sagt Andre Roux, Experte für südafrikanische Auslandseinsätze am renommierten Institut für Sicherheitsstudien (ISS) in Pretoria, der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die meisten hätten die südafrikanische Armee verlassen, als die nach der demokratischen Wende 1994 reformiert wurde.
Einer der früheren Elitesoldaten war Leon Lotz. In Namibia diente der Südafrikaner einst in der Sondereinheit Koevoet ("Kuhfuß" bzw. "Brecheisen"), die für die Apartheid-Polizei gegen Guerilleros in Namibia kämpfte. In der vergangenen Woche wurde Lotz Opfer der Kämpfe gegen Boko Haram. Bei einer Straßensperre in der Stadt Maiduguri wurde er erschossen. "Er ging mit wachsamem Blick nach Nigeria. Zum Glück starb er augenblicklich, so wie jeder Soldat es sich wünscht", sagte Lotz' Ehefrau der südafrikanischen Tageszeitung "Beeld".
Während die nigerianische Zeitung "Daily Trust" Bilder von weißen patrouillierenden Söldnern veröffentlicht, beharrt die Regierung in Abuja darauf, dass es sich bei den südafrikanischen Militärs ausschließlich um Ausbildner und Strategen handele, die die staatliche Armee berieten. Ihr Vertrag beschränke sich darauf, "Kampfeinsätze zu simulieren und zu trainieren", so ein Regierungssprecher.
Eine andere Sprache sprechen nicht nur im Internet kursierende Fotos von bewaffneten Weißen, die in südafrikanischen Panzerwagen durch Maiduguri kreuzen. Auch eine anonyme Quelle im südafrikanischen Verteidigungsministerium will in den Söldnern alte Bekannte wiedererkannt haben: Die Männer hätten eine direkte Verbindung zu "Executive Outcomes", der bis in die späten 90er Jahre berüchtigtsten privaten Sicherheitsfirma des Landes.
"Executive Outcomes" schickte Söldner unter anderem nach Angola und Sierra Leone, wo sie in den Bürgerkriegen gegen Rebellen kämpften. Die Zeitung "Beeld" zitiert ein angebliches Mitglied der südafrikanischen Miliz in Nigeria mit den Worten, erst wolle man den Vormarsch der Islamisten stoppen und danach jene 276 Schülerinnen befreien, die 2014 von Boko Haram aus Chibok entführt wurden. Für den Einsatz an der Kalaschnikow sollen die Kämpfer bis zu 400 US-Dollar (380 Euro) pro Tag erhalten.
In Pretoria ging ein Proteststurm los. "Ich werde sie nicht Ex-Soldaten nennen", erklärte Verteidigungsministerin Nosiviwe Mapise-Nqakula erbost. "Selbst wenn sie die Streitkräfte nur ausbilden, handelt es sich bei ihnen um Söldner, und sie haben in Nigeria nichts verloren." Man wolle sie bei ihrer Heimreise festnehmen, so die Ministerin unter Berufung auf ein Gesetz von 2008, das Südafrikanern verbietet, ohne Mandat in anderen Ländern militärisch aktiv zu werden.
Nach Meinung des ISS-Experten Roux hat die Regierung jedoch bislang versäumt, den Paragrafen auch durchzusetzen. "Es gab zahlreiche Zwischenfälle, in denen südafrikanische Söldner von Rebellen überwältigt wurden, vor allem in Afghanistan. Immer wieder musste Pretoria einspringen: einmal, um die Leichen zurückzuholen, ein anderes Mal, um die Freilassung auszuhandeln." Unter dem Anti-Söldner-Paragrafen, so Roux, könnten 15.000 militärische Vertragsnehmer für ihre Einsätze in Somalia, Äquatorialguinea oder dem Irak angeklagt werden.
Unklar ist, welche Rolle die Söldner bei den jüngsten militärischen Erfolgen gegen Boko Haram spielten. In den vergangenen Tagen gelang es den Armeen Nigerias und seiner Nachbarn, mehrere Städ-te von den Fundamentalisten zurückzuerobern. Darunter befand sich mit Goniri auch eine Hochburg der Rebellen.
(KNA - pknls-89-00121)
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