Wiener Religionspädagoge für Reform der islamischen Theologie
KNA 10.02.2015
Hamburg (KNA) Eine grundlegende Reform der islamischen Rechtslehre und Theologie fordert der Wiener Islamexperte Ednan Arslan. Entsprechende Impulse müssten vor allem aus den Staaten des Westens kommen, sagte der Wiener Professor für islamische Religionspädagogik am Dienstag in einem Interview von Spiegel Online. "In einem Land, in dem keine Freiheit herrscht, kann man keine Religion reformieren."
Dafür müsse der Westen allerdings konsequenter auftreten, betonte der Wissenschaftler. Wenn einerseits Menschenrechtsverletzungen in Staaten wie Saudi-Arabien kritisiert würden, andererseits das Land als wichtiger Geschäftspartner gelte, schockiere diese "Doppelmoral" die Menschen in der islamischen Welt.
Arslan machte sich für eine historisch-kritische Lektüre des Koran und der islamischen Rechtsvorschriften stark. Die Terroristen des "Islamischen Staates" (IS) beispielsweise belebten "alte, nicht zeitgemäße Rechtsgrundlagen" wieder. "Leider stelle ich fest, dass die geistige Reife vieler Muslime im zwölften Jahrhundert viel weiter entwickelt war als jetzt, im 21. Jahrhundert." Kritische Debatten, wie sie vor 800 Jahren in Bagdad geführt wurden, seien heute "undenkbar, weil viele Muslime sie als unislamisch betrachten".
So berufe sich der IS auf Persönlichkeiten wie den Kalifen Abu Bakr, den ersten Nachfolger des Propheten Mohammed, der der Überlieferung zufolge ganze Dörfer habe niederbrennen lassen, weil sie abtrünnig geworden seien. "Das waren im 7. Jahrhundert völlig andere Zeiten, und selbst damals gab es Kritik an diesem Handeln", erläuterte Arslan. "Leider werden solche Rechtsauslegungen nun reanimiert und an theologischen Fakultäten gelehrt, in Saudi-Arabien, Pakistan, der Türkei."
(KNA - pkmlk-89-00098)
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