Politiker: Bundestag soll Völkermord an Armeniern klar benennen
KNA 16.04.2015
Berlin (KNA) Die Sprecherin für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe der Unions-Bundestagsfraktion, Erika Steinbach (CDU), hat sich dafür ausgesprochen, die Ermordung und Vertreibung der Armenier als Völkermord zu bezeichnen. Es sei an der Zeit, dass "auch die türkische Regierung endlich mit der Aufarbeitung dieses Verbrechens beginnt", sagte Steinbach am Donnerstag in Berlin. Auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), fordert dies.
Der Verfolgung zwischen 1915 und 1918 im Osmanischen Reich fielen nach Schätzungen bis zu 1,5 Millionen Armenier zum Opfer. Am 24. April steht anlässlich des 100. Jahrestages des Genozids eine Bundestagsdebatte auf der Tagesordnung. Papst Franziskus hatte die Ermordung als "ersten Genozid des 20. Jahrhunderts" bezeichnet und damit scharfen Protest der türkischen Regierung und Öffentlichkeit hervorgerufen. Auch das EU-Parlament forderte am Mittwochabend von der Türkei die Anerkennung des Völkermords.
Deutschland spricht offiziell nicht von einem Völkermord. Die Bundesregierung verurteile das "Massaker und die Vertreibung" an den Armeniern und setze sich sehr für eine Versöhnung ein, so die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Wirtz zu Beginn der Woche. Die Aufarbeitung der Geschichte könne jedoch nicht aufgezwungen werden und obliege Fachleuten, Historikern und den betroffenen Staaten. Steinbach forderte, der Bundestag solle den Gedenktag nutzen, die beinahe vollständige Vernichtung der Christen klar als Völkermord zu bezeichnen. So seien damals neben dem armenischen Volk auch die christlichen Aramäer, Chaldäer, Assyrer und Pontos-Griechen Opfer der systematischen Vertreibungen und Ermordungen durch die Jung-Türken geworden. "Es wäre eine falsch verstandene außenpolitische Rücksichtnahme, wenn Deutschland heute mit Blick auf den Nato-Partner Türkei den Begriff des Genozids vermeiden würde", so Steinbach.
Röttgen sagte dem Berliner "Tagesspiegel" (Freitag), "was seit langem Erkenntnis und Wissensstand ist, muss auch so benannt werden". Es habe vor einhundert Jahren einen Völkermord an den Armeniern gegeben. Der Bundestag habe eine Verantwortung den Opfern gegenüber und eine "Verpflichtung zur Wahrheit".
Das Verhalten der Bundesregierung in dieser Frage nannte Röttgen "taktisch" und kritisierte, ein solcher Umgang mit der Wahrheit sei "weder tragfähig noch verantwortbar". Der Bundestag sollte sich daher das Verhalten der Bundesregierung nicht zu Eigen machen.
(KNA - pkolq-89-00180)
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