Ex-Minister Meyer: Pegida zeigt ostdeutsches Demokratieproblem
KNA 25.02.2015
Berlin (KNA) Der frühere Sächsische Wissenschaftsminister Hans Joachim Meyer (CDU) hat das Verhältnis vieler Ostdeutscher zur Demokratie kritisiert. "Sie wollten die Freiheit und stellen nun verblüfft fest, dass sie auch auf Kritik und Widerstand stoßen", sagte Meyer am Mittwoch in Berlin. Dann seien viele jedoch nicht bereit, sich den Argumenten von Gegnern zu stellen, betonte er unter Hinweis auf die islamkritischen Pegida-Demonstranten. Der Ostdeutsche Meyer (78) äußerte sich bei der Vorstellung seiner Autobiografie unter dem Titel "In keiner Schublade".
Auch Bundestagspräsident Norbert Lammert sprach bei der Veranstaltung von einer "Bewusstseinsspaltung", die jedoch bundesweit verbreitet sei. Dass zur Demokratie der Streit gehöre, sei eine fast allgemein verbreitete Auffassung. Wenn dies in den politischen Debatten dann auch der Fall sei, "sind 80 Prozent aber irritiert", betonte der CDU-Politiker. Er wertete diese Einstellung als "Sätti-gungseffekt eines in sich ruhenden und kaum herausgeforderten Systems". Die Bürger erwarteten "von ihren Repräsentanten nichts mehr, als den Status quo zu erhalten".
Meyer betonte, Auseinandersetzungen seien eine manchmal "bittere Frucht" der Freiheit. Sie hätten jedoch auch eine "identifizierende Wirkung" auf die Demokratie. Wer sich engagiere, tue dies in der Hoffnung, etwas bewegen zu können. Dies gelte auch für die Kirche, betonte Meyer, der von 1997 bis 2009 Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) war. Die Kirche müsse sich vor allem als "Gesprächsgemeinschaft" verstehen. Bis heute präsentiere sie sich jedoch zu stark als "Kommandostruktur".
Meyer warf zudem vor allem dem westdeutschen Katholizismus vor, die bereits faktische Minderheitenrolle der Kirchen in der Gesellschaft zu ignorieren. Die Christen müssten sich bei aller Offenheit gegenüber anderen stärker dessen bewusst sein, was ihren Glauben ausmache. Christen der alten Bundesländer ließen sich aber "eher ungern darauf ein, für ihre Position zu streiten".
Der gebürtige Rostocker Meyer studierte Staats- und Rechtswissenschaft sowie Anglistik und Geschichte. Er war unter anderem Professor für angewandte Sprachwissenschaften an der Berliner Humboldt-Universität. 1990 war er Minister für Bildung und Wissenschaft in der letzten, frei gewählten DDR-Regierung, anschließend bis 2002 Sächsischer Minister für Wissenschaft und Kunst.
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(KNA - pkmmp-89-00123)
Bischof Koch: Pegida auf dem Weg zur "Rechtsradikalisierung"
Hildesheim (KNA) Der Dresdner katholische Bischof Heiner Koch zeigt sich "sehr besorgt" über die jüngste Entwicklung von Pegida in Sachsen. Nach der Spaltung verfolge die Bewegung unter der Führung von Lutz Bachmann eine "Rechtsradikalisierung in Wort und Stil", sagte Koch am Mittwoch in Hildesheim. Er sehe für Christen jetzt endgültig keine Möglichkeit mehr, dort mitzumachen.
Laut Medienberichten vom Dienstag wurde Bachmann inzwischen wieder zum Vereinschef der islamfeindlichen Pegida-Bewegung gewählt. Nach einem Führungsstreit und der Abspaltung der ehemaligen Pegida-Sprecherin Kathrin Oertel und anderer Gründungsmitglieder waren die Teilnehmerzahlen bei beiden islamfeindlichen Bewegungen stark zurückgegangen.
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