Papst trifft erstmals Jesiden-Oberhäupter
KNA 08.01.2015
Vatikanstadt (KNA) Papst Franziskus ist im Vatikan mit dem weltlichen und dem geistlichen Oberhaupt der von der Terrorgruppe "Islamischer Staat" verfolgten Jesiden, Mir Takhsinbeg und Baba Sheikh, zusammengetroffen. Wie der Vatikan am Donnerstag mitteilte, gehörten auch Jesiden aus Deutschland zu der Delegation. Die Jesiden hätten dem Papst für seine Hilfe angesichts der Verfolgung gedankt, hieß es. Zudem sei Franziskus über die Lage von rund 5.000 jesidischen Frauen informiert worden, die vom "Islamischen Staat" als Sklavinnen gehalten würden. Der Papst habe den Jesiden während der halbstündigen Begegnung weitere Unterstützung zugesagt. Es ist laut Radio Vatikan das erste Mal, dass ein Papst die Oberhäupter dieser religiösen kurdischen Minderheit empfängt.
Vor Weihnachten war es kurdischen Kämpfern dank Luftschlägen der USA gelungen, mehrere Tausend Jesiden im Sindschar-Gebirge zu befreien, die von IS-Kämpfern umzingelt waren. Hunderttausende waren zuvor vor den Dschihadisten geflüchtet.
Franziskus hat die Internationale Gemeinschaft in der Vergangenheit bereits mehrfach zu einem Eingreifen im Nordirak aufgerufen, um den "Islamischen Staat" zu stoppen. Neben dem Schutz der Christen forderte er ausdrücklich auch Hilfe für die Jesiden. Im August spendete er einen ungenannten Betrag für die Jesiden, der von seinem Sondergesandten für den Irak, Kardinal Fernando Filoni, überbracht wurde.
Jesiden sind eine religiöse Minderheit unter den Kurden. Ihre Muttersprache ist das nordkurdische Kurmanji. Weltweit hat die Religionsgemeinschaft rund 800.000 Mitglieder. Sie entstand nach den Überlieferungen um 2.000 vor Christus und versteht sich als Ursprungsreligion der Kurden. Allerdings traten viele Kurden später zum Islam über.
Etwa 600.000 Jesiden leben im nördlichen Irak. Ferner gibt es sie in Nordsyrien, dem Nordwestiran und in der südöstlichen Türkei. Weitere Mitglieder leben in Belgien, Dänemark, der Schweiz, Österreich, Armenien und Georgien. In Deutschland sind es derzeit bis zu 80.000.
Jesiden haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt ("Baba Sheikh"). Jeside ist nur, wer von jesidischen Eltern abstammt. Wenn ein Mitglied der jesidischen Religion einen Andersgläubigen heiratet, gilt das als Austritt aus der Religionsgemeinschaft.
Jesiden werden seit Jahrtausenden sowohl religiös als auch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden - ethnisch verfolgt. Fundamentalistische Muslime betrachten sie als "ungläubig" und "vom wahren Glauben abgefallen". Deshalb verheimlichen Jesiden in ihren Heimatgebieten im Nahen Osten häufig ihre religiöse Identität. Das Verhältnis zu Christen gilt nach jesidischen Angaben als "sehr gut".
(KNA - pklks-89-00156)
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