Zum 67. Mal ist Buchmesse - Schwerpunkt Religionsfreiheit
KNA 13.10.2015
Von Peter de Groot (KNA)
Frankfurt (KNA) Salman Rushdie ist da. Bei der Eröffnungs-Pressekonferenz der diesjährigen Frankfurter Buchmesse am Dienstag ist der international renommierte indisch-britische Schriftsteller der Gastredner. Und weil dieser Autor da ist, ist es die Islamische Republik Iran nicht. Seinetwegen boykottiert sie die Buchmesse, die am Mittwoch ihre Tore für Fachbesucher öffnet.
Steht Rushdie, 1947 in Bombay als Sohn muslimischer Eltern geboren, sozusagen am Anfang der Buchmesse, so steht an ihrem Ende am Sonntag ein Muslim im Mittelpunkt, der in Köln lebt: Navid Kermani. Dem Schriftsteller, Essayisten und habilitierten Orientalisten wird dann in der Frankfurter Paulskirche der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels verliehen.
In seiner Rede bei der Eröffnung ruft Rushdie dazu auf, unermüdlich für Meinungsfreiheit einzutreten. Meinungsfreiheit, sagt er, sei ein universelles Menschenrecht, ein Recht, das aus der menschlichen Natur komme. Er spricht davon, dass die Schriftstellerei wie die Kunst überhaupt niemandem gehöre. Das mache sie gefährlich für Menschen, "die uns kontrollieren wollen", sagt Rushdie.
Er macht deutlich, dass er die Meinungsfreiheit bedroht sieht durch Gewalt und Terrorismus, aber auch durch eine "Political Correctness". Am Ende seiner Rede erinnert Rushdie, der eigens zu der Pressekonferenz eingeflogen wurde, daran, dass die französischen Aufklärer vor 200 Jahren die Macht der Kirche gebrochen hätten. Heute gelte es erneut, gegen Versuche von Religionen anzugehen, die Meinungsfreiheit zu unterdrücken, sagt Rushdie - und eilt zum Flughafen.
Nach der Veröffentlichung seines Romans "Die Satanischen Verse" verurteilte ihn Anfang 1989 der iranische Revolutionsführer Ajatollah Chomeini wegen des angeblich gotteslästerlichen Charakters dieses Buches mittels einer Fatwa zum Tode und rief alle Muslime auf, das Urteil zu vollstrecken. Daraufhin lebte Rushdie über viele Jahre unter Polizeischutz in verschiedenen Verstecken. Erst seit einiger Zeit tritt er wieder öffentlich auf. Über sein Leben unter der nach wie vor geltenden Todesdrohung berichtet Rushdie, den die britische Königin Elisabeth II. allen Protesten aus Teheran zum Trotz vor acht Jahren in den Adelsstand erhob, in seiner 2012 erschienenen Autobiografie "Joseph Anton".
Anders als Rushdie versteht sich Kermani als gläubiger Muslim. Er tritt für religiöse Toleranz und Religionsfreiheit ein. Von der Weite seines Denkens zeugt nicht zuletzt sein jüngstes Buch, in dem er sich fasziniert zeigt von christlicher Kunst. Titel: "Ungläubiges Staunen".
In der Begründung für die Vergabe des diesjährigen Friedenspreises an Kermani heißt es, er sei "eine der wichtigsten Stimmen in unserer Gesellschaft, die sich mehr denn je den Erfahrungswelten von Menschen unterschiedlichster nationaler und religiöser Herkunft stellen muss, um ein friedliches, an den Menschenrechten orientiertes Zusammenleben zu ermöglichen". Die Romane und Essays von Kermani und seine Reportagen aus Krisengebieten zeigten, wie sehr er sich der Würde des einzelnen Menschen verpflichtet wisse und wie sehr er sich für eine offene Gesellschaft einsetze, die Flüchtlingen Schutz biete und der Menschlichkeit Raum gebe.
Kermani wurde 1967 im nordrhein-westfälischen Siegen geboren. Seine Eltern waren 1959 aus dem Iran in die Bundesrepublik gekommen. Er besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft - und die iranische. Seine Festrede vergangenes Jahr im Deutschen Bundestag zum 65-Jahr-Jubiläum der Verkündung des Grundgesetzes schloss er - im Namen der Einwanderer - mit den Worten "Danke, Deutschland".
(KNA - plkln-89-00110)
Auf unserer Hauptseite finden Sie weitere Informationen zu den Themen interreligiöser Dialog und christlich islamischer Dialog.