EU-Religionsvertreter für Dialog statt Abgrenzung
KNA 16.06.2015
Brüssel (KNA) Religionsvertreter und EU-Politiker haben am Dienstag bei einem Treffen in Brüssel für das Zusammenleben der Religionen in Europa geworben. "Die Gesellschaft muss sich fragen, ob Religionen zu den Restbeständen einer Vergangenheit gehören wie ein Weltkulturerbe oder ob sie einen Beitrag zu einer öffentlichen Orientierung liefern sollen", sagte der Vorsitzende der EU-Bischofskommission (COMECE), Kardinal Reinhard Marx.
EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans hatte zu dem Treffen der Religionsführer eingeladen, um gemeinsam mit Vertretern von Christentum, Judentum, Islam und Hinduismus über das Thema "Zusammenleben und mit Meinungsverschiedenheiten positiv umgehen" zu diskutieren. Auch der Vizepräsident des EU-Parlaments, Antonio Tajani, nahm teil.
Marx, der auch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, betonte, er und auch die anderen Vertreter plädierten vor allem für die Integration von Flüchtlingen. "Wir können die politischen Probleme nicht lösen. Wir können nur anmahnen, dass die Europäische Union endlich zu einer Lösung kommt", so der Münchner Kardinal zu der Verteilung von Flüchtlingen in der EU. In Deutschland spüre er ein großes Engagement. "Die Pfarreien sind in unserer Kultur das Rückgrat der Zivilgesellschaft: das Mithelfen für Integration für das Zusammenleben der Menschen in verschiedenen Ländern", so Marx.
Zum Thema Antisemitismus sagte Marx, die katholische Kirche pflege spätestens seit dem Konzil eine gute Zusammenarbeit zwischen Juden und Christen. "Das Bewusstsein, dass wir Schulter an Schulter gehen, ist auch in der Gesellschaft sichtbar", so Marx. Immer wieder würden deshalb die katholische Kirche und die Vertreter des Judentums klar machen, dass man sich nicht auseinanderbringen lasse.
Irmgard Schwaetzer, Präses der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland, sagte, das vielfältige kirchliche Engagement in Deutschland sorge für ein friedliches Zusammenleben der Religionen. Identität lasse sich nicht aus Abgrenzung gewinnen, sondern im gelebten Dialog und im regelmäßigen Austausch mit den anderen Religionen.
EU-Kommissionsvizepräsident Timmermans sagte, "Europa kann nur überleben mit Respekt für die menschliche Würde". Ohne diesen sei eine Gesellschaft nicht funktionsfähig. "Wir müssen das Verständnis für diese sehr unterschiedliche Gesellschaft in Europa fördern."
Seit 2005 gibt es den Dialog zwischen den Kirchen und der EU. Der damalige Präsident der EU-Kommission, Jose Manuel Barroso, hatte die Treffen initiiert. Seit Inkrafttreten des Vertrags von Lissabon gehört der Dialog mit den Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften zum Vertragsrecht der EU und ist in Artikel 17 festgehalten.
(KNA - pkqlq-89-00037)
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