Kritik und Verständnis für Verzicht auf "Charlie Hebdo"-Wagen
KNA 29.01.2015
Köln (KNA) Der Verzicht auf den "Charlie Hebdo"-Wagen im Kölner Rosenmontagszug stößt auf ein geteiltes Echo. Unterdessen veröffentlichte der Mainzer Carneval-Verein vorzeitig das Motiv eines Rosenmontagswagens, das für Glaubens-, Meinungs- und Pressefreiheit wirbt.
Der Grünen-Innenexperte Volker Beck und die Kölner Bundestagsabgeordnete der Partei, Katharina Dröge, erklärten in Berlin, dass mit dem Kölner Beschluss eine Chance vergeben worden sei, "ein starkes Signal für die Meinungs- und Pressefreiheit zu senden". NRW-Landeschef Sven Lehmann betonte in Düsseldorf: "Wenn Angst den Karneval überkommt, hat der Terror gewonnen."
CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach bedauerte die Entscheidung, bekundete aber Verständnis. "Natürlich ist das ein Einknicken vor extremistischen, radikalen Kräften, aber wir alle wollen Rosenmontag als großes Volksfest unbeschwert erleben", sagte er dem Kölner "Express".
NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) betonte, Meinungsfreiheit müsse in Deutschland auch im Karneval möglich sein. "Wir dürfen jetzt nicht in Angst und Furcht erstarren", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Freitag).
Der Sprecher des Mainzer-Carneval-Vereins, Michael Bonewitz, zeigte auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) Verständnis für den Verzicht auf den Wagen. "Die Kölner haben eine große Verantwortung", sagte er und verwies auf die hohen Besucherzahlen. Aufgrund der aktuellen Debatte veröffentlichte der Mainzer Verein aber vorzeitig den Plan für einen der insgesamt 15, bereits im November geplanten Motivwagen. Unter der Überschrift "Hier gelte nu(h)r ich" greift der Rosenmontagswagen die Anzeige nach der Koran-Kritik des Kabarettisten Dieter Nuhr auf und wirbt für die Glaubens-, Meinungs- und Pressefreiheit.
Das Comitee Düsseldorfer Carneval wollte die Kölner Entscheidung nicht kommentieren. Sprecher Hans-Peter Suchand äußerte sich auf Anfrage auch nicht dazu, ob das "Charlie Hebdo"-Attentat im Düsseldorfer Zug eine Rolle spielt. Dies werde erst zwei Tage vor Rosenmontag bekannt gemacht.
Das Kölner Festkomitee hatte am Mittwochabend bekanntgegeben, auf den "Charlie Hebdo"-Wagen zu verzichten, weil sich besorgte Menschen gemeldet hätten. Ein Wagen, der "die Freiheit und leichte Art des Karnevals einschränkt", sei nicht gewollt. Bei einer Facebook-Abstimmung hatte ein Motiv mit einem Clown gewonnen, der mit einem Stift die Waffe eines Terroristen zerstört. Auf der Seite wird am Wagen-Verzicht neben Zustimmung nun auch viel Kritik geäußert.
Das Festkomitee bestreitet, dass Gruppen Ängste gegenüber dem Gremium geäußert hätten, neben dem "Charlie Hebdo"-Wagen zu gehen. Vielmehr hätten sich zahlreiche Gesellschaften für die Mitfahrt auf dem Wagen beworben, um ein Zeichen für Meinungsfreiheit zu setzen. Laut "Kölner Stadt-Anzeiger" hatte ein Staatsschutz-Mitarbeiter Zugleiter Christoph Kuckelkorn empfohlen, den Wagen so zurückhaltend wie möglich zu gestalten und auf provokante Mohammed-Karikaturen zu verzichten.
(KNA - pklmt-89-00150)
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