Kardinal: Papst holt Bosnien aus internationalem Vergessen
KNA 28.05.2015
Sarajevo (KNA) Der Sarajevo-Besuch von Papst Franziskus am 6. Juni steht im Zeichen des Friedens in Bosnien-Herzegowina und soll die Katholiken des Landes zum Bleiben bewegen: Das sagte der Erzbischof von Sarajevo, Kardinal Vinko Puljic, im Interview der Presseagentur "Kathpress" (Donnerstag). Rechtsstaatlichkeit und Gleichberechtigung der Volksgruppen fehlten im Land auch 20 Jahre nach Kriegsende. Der Papst werde zu ernsthaftem Bemühen um eine Lösung ermutigen und dazu beitragen, "Bosnien und Herzegowina aus der Vergessenheit der internationalen Gemeinschaft herauszuziehen", so der Kardinal.
Bereits durch die Ankündigung seiner Visite habe Franziskus Bosnien-Herzegowina "aus der Anonymität gehoben" und das Interesse der Mächtigen der Welt verstärkt, die Stabilität des Landes zu fördern. Puljic: "Dieses Land und dieser Staat brauchen positive Energie, da die Medien nur negativ berichten und damit die einfachen Menschen traurig machen." Besonders für letztere habe Papst Franziskus, der auch in Bosnien an die "Ränder" gehe, ein "besonderes Herz", und sein Engagement werde auch jenseits aller Konfessions- und Religionsgrenzen anerkannt: "Auch die Muslime freuen sich auf Papst Franziskus; sie erkennen in ihm den wahren Pilger des Friedens und der Koexistenz", so der Kardinal.
In der heutigen Situation Bosniens werde Politik stets auf Kosten der Kleineren und Schwächeren gemacht, beklagte Puljic. Dazu zählten in besonderer Weise die Katholiken, von denen es vor dem Krieg noch 830.000 gegeben habe; heute seien es nur noch etwa 430.000. Um auch ihnen ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen zu geben und die negative, angstbesetzte Stimmung zu überwinden, müssten Gleichberechtigung und Religionsfreiheit endlich verwirklicht werden.
Spürbar werde die Benachteiligung etwa bei Baugenehmigungen, so Puljic. Auch die in Bosnien stationierten internationalen Vertreter seien taub für derartige Ungleichheiten, während die Lokalbehörden Kircheneigentum verkauften oder zerstörten. Auf die Rückgabe der meisten von den Kommunisten beschlagnahmten Immobilien warte die Kirche immer noch.
Nicht nur die Gräuel des Krieges von 1992 bis 1995, sondern auch jene des Zweiten Weltkriegs und der Partisanenzeit warteten in Bosnien-Herzegowina weiter auf ihre Aufarbeitung, erklärte der Kardinal. Für tatsächlichen Frieden im Land sei es notwendig, "diese Verbrechen mit richtigen Namen zu nennen und Courage für die Gleichberechtigung zu zeigen". Bislang gebe es jedoch nur viele Unverständnisse, Beschuldigungen der jeweils anderen, jedoch keinen Mut, die ganze Wahrheit anzunehmen.
(KNA - pkpms-89-00089)
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