Verfassungsrechtler: Religionsbeschimpfung kann erlaubt werden
KNA 17.03.2015
Berlin (KNA) Für einen differenzierten Umgang mit Bekenntnisbeschimpfungen hat sich der frühere Verfassungsrichter Dieter Grimm ausgesprochen. Verfassungsrechtlich sei das sogenannte Blasphemieverbot im Paragraphen 166 des Strafgesetzbuches durchaus zu rechtfertigen. Ebenso legitim wäre es aber auch, dieses Gesetz abzuschaffen oder den darin enthaltenen mit Hinweis auf die Gefährdung des öffentlichen Friedens zu streichen. In jedem Fall gehe es um eine vertretbare Abwägung von schützenswerten Rechtsgütern. Diese Abwägung müsse der Gesetzgeber treffen.
Der langjährige Bundesverfassungsrichter äußerte sich am Montagabend bei einer Debatte in der Katholischen Akademie in Berlin.
Bei gleicher Gelegenheit sprach sich die Berliner Strafrechtlerin Tatjana Hörnle dafür aus, auf den Blasphemie-Paragrafen gänzlich zu verzichten. Sie argumentierte, es fördere nicht den öffentlichen Frieden, wenn der Staat Kränkungspotenziale von Religionsangehörigen durch Strafbewehrung gegen Religionsbeschimpfung verstärkt.
Nach dem Massaker mutmaßlicher Islamisten an der Redaktion des französischen Satiremagazins "Charlie Hebdo" im Januar dieses Jahres hatten verschiedene deutsche Politiker eine Abschaffung des sogenannten Blasphemieverbots im deutschen Strafrecht gefordert. Sie argumentierten, dass die völlige Freiheit für Satire eine angemessene Antwort auf die Freiheitsbedrohung durch religiöse Fanatiker sei.
In Deutschland steht die Beschimpfung von Kirchen und Religionsgemeinschaften seit 1871 unter Strafe. Seit 1969 gilt die Strafandrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsentzug nur noch für Beschimpfungen die geeignet sind, "den öffentlichen Frieden zu stören". Vergleichbare Strafnormen gibt auch in einigen anderen europäischen Ländern.
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(KNA - pknlq-89-00036)
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