Islamexperte wirft Gülen-Bewegung konspiratives Handeln vor
KNA 08.10.2015
Berlin (KNA) Der Berliner Politologe und Islamwissenschaftler Ralph Ghadban wirft der islamischen Gülen-Bewegung ein "konspiratives Handeln" vor. Zwar gebe sich die von Fethullah Gülen gegründete "Hizmet" (Dienst) öffentlich als säkularer Ansprechpartner, "ideologisch" treffe dies jedoch nicht zu, erklärte Ghadban am Donnerstag in Berlin. Er äußerte sich bei der Vorstellung einer von der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen (EZW) vorgelegten Publikation über die Organisation.
Die "Hizmet"-Bewegung sei religiös motiviert, trage dies jedoch nicht nach außen, erklärte Ghadban. Ihr Gründer und der innere Kreis verträten einen konservativen und traditionellen Islam. Sie wollten die Politik und die Gesellschaft "von unten" im Sinne des Koran-Glaubens und der Scharia missionieren. In diesem Kontext sei ihr türkischer Name "Hizmet" als "Dienst für Gott und für den Menschen" zu verstehen.
Äußerungen Gülens, der kein Islamreformer sei, und Publikationen lassen für Ghadban erkennen, dass sich an den "ideologischen und mystisch-politischen" Vorstellungen nichts geändert habe. Gülen gehe es darum, eine Elite zu positionieren, um Politik und Gesellschaft zu beeinflussen. Zugleich attestierte Ghadban der "Hizmet"-Bewegung aber auch, dass sie friedlich agiere und nichts mit gewaltbereitem Fundamentalismus oder Terror zu tun habe.
In die Kritik sei die Gülen-Bewegung hierzulande aufgrund der unbeantworteten Fragen nach Diskrepanzen zwischen ihrem säkular-modernen Auftreten und ihren inhaltlichen Vorstellungen geraten, erklärte der Autor der Studie, der evangelische Pfarrer Friedmann Eißler.
Öffentlich werde "Hizmet" vor allem wegen seiner Bildungsarbeit und Dialogbereitschaft wahrgenommen, so der EZW-Referent für Islam. Der von ihm herausgegebene Sammelband verstehe sich nicht als "Kampfschrift", sondern wolle über die weltweit mehrere Millionen Anhänger Gülens informieren und Zusammenhänge aufzeigen.
Deutsche Kritiker sehen in der Bewegung, die in etwa 140 Ländern rund acht Millionen Anhänger (Stand 2014) zählt, eine "sektenähnliche Organisation" mit konservativem Islamverständnis und nationalistischen Tendenzen. 2014 war von bundesweit 25 Schulen, 150 Nahhilfeinstituten und 15 Dialogvereinen die Rede.
(KNA - plkks-89-00163)
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