Kardinal Lehmann gegen Minimalkonsens im interreligösen Dialog
KNA 07.05.2015
Hamburg (KNA) Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann hat den interreligiösen Dialog als "unverzichtbar" bezeichnet. Dieser dürfe sich aber nicht "auf eine minimale Gemeinsamkeit, auf die man sich einigen kann, beschränken", sagte er laut vorab verbreitetem Redemanuskript am Donnerstag in Hamburg. "Dann würden wir vom Reichtum verschiedener Entfaltungen des Glaubens in den einzelnen Religionen abstrahieren. Wir würden dann eigentlich alle ärmer."
Ein "verdünnter Rest von Religiosität" wäre letztlich der Tod des interreligiösen Dialogs, sagte Lehmann im Hamburger Rathaus vor Mitgliedern des Übersee-Clubs, einem Verein zur Förderung des Austauschs von Wirtschaft und Wissenschaft in der Hansestadt.
"Wir dürfen uns nicht scheuen, in diesem Dialog uns auch und gerade mit dem radikal Anderen und Fremden in allem Ernst zu beschäftigen", so der Kardinal. Gespräch und Auseinandersetzung seien geeignet, den Horizont zu erweitern und zum besseren Verständnis untereinander beizutragen. Wichtig sei deshalb der Dreiklang: Verstehen - Verständigung - Verantwortung.
Die Religionen müssten sich bemühen, ein verbindendes Ethos zu fördern, das schwierige Konflikte schon im Vorfeld zu lösen hilft, sagte der Mainzer Bischof. So schafften sie Solidarität unter den Menschen. Als vordringlichste Themen des interreligiösen Dialogs nannte Lehmann alle Fragen der Gewaltverhinderung oder wenigstens ihrer Minimierung, die Beendigung kriegerischer Verhältnisse, der Friedenssicherung und der Einhaltung der Menschenrechte.
Lehmann ging auch auf das durch den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff geprägte Wort "Der Islam gehört zu Deutschland" ein. Dieser Slogan sei viel zu unbestimmt, kritisierte der Kardinal. Gemeint gewesen sei, dass der Islam in der Zwischenzeit "zu den größeren Religionen unseres Landes gehört, wir allen Mitgliedern Respekt entgegenbringen und wir auch im Rahmen der Religionsfreiheit Achtung für seine Anhänger haben". Das sei unbestreitbar richtig. Unbestreitbar aber sei auch, dass der Islam bei allem Austausch "nicht so zu Europa und Deutschland gehört wie Judentum und Christentum vor allem auch in ihrer gesellschaftlichen und kulturellen Ausprägung". Auf keinen Fall aber dürfe das Schlagwort "zu einem Feindbild führen". Vielmehr müsse es zum besseren Kennenlernen anspornen. "Daran fehlt es, aber nicht nur bei den Muslimen, sondern auch bei uns Deutschen und Europäern."
(KNA - pkpkr-89-00088)
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