Erzbischof: Tunesien nicht alleinlassen
KNA 20.03.2015
Vatikanstadt (KNA) Der katholische Erzbischof von Tunis, Ilario Antoniazzi, hat die internationale Gemeinschaft aufgerufen, sein Land nicht alleinzulassen. "Wir wollen nicht, dass Tunesien ein zweites Libyen wird", sagte der aus Norditalien stammende Kirchenmann gegenüber der römischen Zeitung "Avvenire" vom Freitag. Insbesondere hoffe er, dass weiterhin Touristen in das Land kämen. Schließlich hätten die jüngsten Attentate in Paris gezeigt, dass derartiges auch andernorts geschehen könne.
Die Tunesier seien ein friedliches Volk. Auch die Muslimführer hätten stets jede Verbindung mit terroristischen Gruppen zurückgewiesen, betonte Antoniazzi. Vielleicht habe sich die Regierung nach dem friedlichen demokratischen Übergang zu sicher gefühlt, dass das Land von Terroranschlägen verschont bleibe. Schließlich habe nach der Wahl auch der Führer der Muslimbrüder, die im Westen nicht die beste Reputation besäßen, dem Wahlsieger gratuliert.
In der Bevölkerung habe freilich seit geraumer Zeit eine gewisse Unsicherheit bestanden, weil etliche Tunesier als Kämpfer nach Syrien oder Libyen gegangen seien, hob der Bischof hervor. Mit der Rückkehr dieser Personen in ihre Heimat habe ein Konfliktpotenzial bestanden.
Als Grund für den Anschluss von Tunesiern an terroristische Gruppen sieht der Erzbischof das geistige und moralische Vakuum nach vielen Jahres der Diktatur. Viele junge Leute seien ohne Ideale, ohne moralische und religiöse Prinzipien aufgewachsen. Sei seien daher leichter anfällig für falsche Versprechungen, für eine Propaganda, die Terroristen als Märtyrer bezeichne, die sofort ins Paradies eingingen.
Für die rund 30.000 Mitglieder zählende katholische Gemeinde in Tunesien sieht Antoniazzi derzeit keine Gefahr. Die Kirche unterhalte Schulen, eine Klinik und Zentren für Behinderte. Die katholischen Einrichtungen würden von der Bevölkerung geschätzt und auch von Muslimen genutzt.
Antoniazzi hatte am Donnerstag mehrere Verletzte des Anschlags vom Nationalmuseum von Tunis im Krankenhaus besucht. Er übermittelte ihnen im Auftrag des Papstes seine Solidarität.
(KNA - pknmk-89-00052)
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