Autor aus Mali geht mit Islamisten in seiner Heimat ins Gericht

KNA 16.07.2015
München (KNA) Der malische Schriftsteller Ousmane Diarra sieht hinter dem Erstarken islamistischer Bewegungen in seiner Heimat politisches Kalkül am Werk. "Gewisse arabische Staaten fördern den islamischen Fanatismus mit viel Geld, sie schicken ihre Prediger zu uns und errichten überall in Westafrika ihre Moscheen", beklagte Diarra in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (Donnerstag). Für ihn sei das ein "Kultur-Imperialismus", der das "alte, tolerante Afrika" zu zerstören drohe.
Dass sich immer mehr Menschen in Mali dem Islam zuwenden, habe vor allem mit materiellen Vorteilen zu tun, sagte der Schriftsteller. So habe Kuwait in seinem Dorf moderne Brunnen gebaut und schicke Techniker zur Wartung immer genau an dem Tag in den Ort, an dem die Ältesten die Jungen feierlich in die Welt der Erwachsenen aufnehmen. Dadurch werde die Tradition allmählich unterwandert. "Wenn das wegfällt, treten im schlimmsten Fall Organisationen wie Boko Haram in die Lücke."
Für viele Jugendliche sei der Islamismus "eine Art Popmode". Das gelte auch für die verschleierten Mädchen, die seit ein paar Jahren immer häufiger in den großen Städten Malis zu sehen seien. Religion spiele dabei nur eine untergeordnete Rolle, so Diarra. Der Schleier sei für viele junge Frauen ein "schickes Wohlstands-Accessoire", das einen Schlüssel zu einem besseren Leben biete. "Und sie liegen nicht mal ganz falsch: Denn das große Geld bringen heute die streng islamistischen Kuwaiter, Saudis und Katarer ins Land."
In Afrikas Politik breiteten sich islamistische Strömungen aus, weil alles Säkulare durch Korruption diskreditiert worden sei. "Nur wer sich religiöse Rückendeckung verschafft, hat heute noch Chancen auf ein politisches Amt - oder auf eine Karriere als Geschäftsmann." Er selbst, so Diarra, würde gern einmal mit einem Sprecher der Islamisten über deren Koranauslegung diskutieren. Aber die Islamisten würden einen solchen Dialog "natürlich" verweigern. "Weil sie sich selbst im Reich des Göttlichen wähnen, uns Intellektuelle aber als satanisch diffamieren."
In seinem jüngsten Roman "La route des clameurs" setzt sich der 54-jährige Schriftsteller zum wiederholten Mal mit dem Einfall des Islamismus in Afrika auseinander.
(KNA - pkrlq-89-00035)

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