Union und Kirche kritisieren de Maizieres Scharia-Vergleich
KNA 12.02.2015
Berlin (KNA) Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) ist für seinen Vergleich des Kirchenasyls mit der Scharia in die Kritik geraten. Im Deutschlandfunk hatte de Maiziere seine Kritik am Kirchenasyl mit Verweis auf das islamische Recht erklärt: "Die Scharia ist auch eine Art Gesetz für Muslime, sie kann aber in keinem Fall über deutschen Gesetzen stehen", sagte er.
"Wir möchten zum Zustand zurückkehren, den wir hatten", sagte der Vize-Vorsitzende der bischöflichen Migrationskommission, der Münsteraner Weihbischof Dieter Geerlings, dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Donnerstag). De Maiziere habe mit seinem "unangemessenen und äußerst unglücklichen Vergleich unnötig Öl ins Feuer gegossen". Das Kirchenasyl wolle Flüchtlingen in Art einer Notfall-Intervention die rechtliche Überprüfung ihrer Abschiebung ermöglichen. "Kirchenasyl beansprucht keinen rechtsfreien Raum."
Der Kölner Weihbischof Ansgar Puff sagte der Zeitung, de Maiziere sei klug genug, um zu wissen, dass "sein Vergleich hinkt". Wenn Christen als "letzte Maßnahme Gefahren für das Leben abzuwenden" suchten, beriefen sie sich nicht auf ein eigenes - gar göttliches - Recht, sondern auf ihr Gewissen. Solches Handeln gelte gemeinhin als vorbildlich.
Der Ehrenvorsitzende der ökumenischen Bundesarbeitsarbeitsgemeinschaft "Asyl in der Kirche" (BAG), Wolf-Dieter Just, nannte de Maizieres Vorwurf einer christlichen Scharia "völlig daneben". Kirchenasyl konkurriere nicht mit weltlichem Recht, sondern verschaffe ihm Geltung. "Wo der staatliche Schutz der Menschenrechte versagt, müssen einzelne Bürger eintreten", sagte Just der Zeitung. Das Kirchenasyl habe nichts mit christlicher Barmherzigkeit zu tun, sondern "mit der sorgfältigen Anwendung des Rechts", so Just.
De Maiziere habe "sicher keinen gelungenen Vergleich" gezogen, sagte der CDU-Abgeordnete Hubert Hüppe der "Bild"-Zeitung. "Das Scharia-Recht ist das Gegenteil der Barmherzigkeit, die dem Kirchenasyl zu Grunde liegt", so Hüppe. Er denke nicht, dass sein Parteikollege den Vergleich noch einmal wiederholen würde.
De Maiziere hatte das Kirchenasyl unlängst "prinzipiell und fundamental" abgelehnt und damit eine neue Debatte angestoßen. Politiker von SPD, Grünen und Linken sprachen sich für eine Beibehaltung des Kirchenasyls aus.
Beim sogenannten Kirchenasyl nehmen Gemeinden oder Ordensgemeinschaften von Abschiebung bedrohte Asylbewerber auf. Im vergangenen Jahr häuften sich die Fälle wegen steigender Flüchtlingszahlen. Nach Angaben der BAG gibt es derzeit 200 Fälle von Kirchenasyl in Deutschland.
(KNA - pkmlm-89-00083)
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