Kritik an Merkels Islam-Aussage nimmt zu
KNA 19.01.2015
Berlin (KNA) In der Union wächst die Kritik an der Islam-Äußerung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Kanzlerin hatte am Montag bei einem Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu in Berlin unter Verweis auf den früheren Bundespräsidenten Christian Wulff gesagt, der Islam gehöre zu Deutschland. Er halte diesen Satz für falsch, sagte der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach im Magazin "Focus" (Samstag).
Zugleich widersprach der Bundestagsabgeordnete der Auffassung, wonach Anschläge wie die Attentate in Paris nichts mit dem Islam zu tun haben. "Wenn Terroristen als Motivation für ihre Taten auf ihre eigene religiöse Überzeugung verweisen, oder wenn sich ein Terror-Regime ausdrücklich selber als 'Islamischer Staat' bezeichnet, dann müssen diese Phänomene doch etwas mit dem Islam zu tun haben."
Auch der Vorsitzende der Jungen Union, Paul Ziemiak, grenzte sich von der Feststellung der Partei-chefin ab: "Die Wurzeln unseres Landes sind von der christlich-jüdischen Tradition geprägt, nicht durch den Islam." Der 29-Jährige betonte zugleich: "Muslime, die hier leben, gehören zu Deutschland und sind Teil unserer offenen Gesellschaft."
Der Vorsitzende der CSU-Fraktion im Bayerischen Landtag, Thomas Kreuzer, bilanzierte: "Der Islam ist leider noch immer eine Religion, die die europäische Aufklärung nicht durchlaufen hat." Genau das sei aber die Zumutung, die dem Islam auferlegt werden müsse, wenn er wirklich zu einem Teil Europas werden wolle.
Der stellvertretende Chef der Unionsbundestagsfraktion, Arnold Vaatz (CDU), sagte dem "Spiegel" (Samstag): "Solange muslimische Gelehrte die Scharia als Teil des Islam betrachten, bin ich vorsichtig mit Feststellungen wie der von Exbundespräsident Wulff und mache sie mir nicht zu eigen". Merkels Satz müsse "um den Hinweis ergänzt werden, dass unsere Leitkultur christlich-jüdisch geprägt bleibt", fügte der CSU-Politiker Georg Nüßlein, ebenfalls Vizechef der Unionsfraktion, hinzu.
Laut "Spiegel" mahnten auch einige der Chefs der Unions-Landesgruppen im Bundestag bei ihrem Treffen mit Merkel am vergangenen Mittwoch einen differenzierten Umgang mit dem Islam an. Man dürfe nicht den Eindruck erwecken, dass sämtliche Strömungen des Islam zu Deutschland gehörten, sagte unter anderen die Spitzenkandidatin für die Bürgerschaftswahl in Bremen, Elisabeth Motschmann.
Merkel verteidigte dem Bericht zufolge ihre Wortwahl bei dem internen Treff. Es gehe um eine doppelte Ansage: Die Muslime seien in Deutschland akzeptiert, sie müssten sich aber auch klar an Recht und Gesetz halten, so die Kanzlerin. Kritik regt sich offenbar auch an der Basis, hieß es. Ein-zelne Landesverbände berichteten von einer Vielzahl kritischer Briefe und E-Mails der Basis sowie ersten Parteiaustritten.
(KNA - pkllq-89-00162)
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