Türkischer Regierungschef vermisst Solidarität mit Muslimen
KNA 14.01.2015
Frankfurt (KNA) Der türkische Ministerpräsident Ahmet Davutoglu beklagt eine mangelnde Solidarität der Deutschen mit ihren muslimischen Mitbürgern. Die Menschen gingen nach den Anschlägen von Paris zu Recht gegen islamistischen Terror auf die Straßen, sagte Davutoglu der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Mittwoch). Dabei drohe jedoch beispielsweise in den Hintergrund zu geraten, dass in den vergangenen zwei Jahren in Deutschland 94 Moscheen angegriffen worden seien. "Wir wollen aber dieselbe Solidarität sehen, wenn Moscheen angegriffen werden oder wenn jemand wegen seiner türkischen Identität angegriffen wird."
Sorge bereiteten ihm auch eine Zunahme von Rassismus, wie er sich etwa in den NSU-Morden gezeigt habe, sowie die aktuellen Kundgebungen der Pegida-Bewegung, so Davutoglu weiter. Ausdrücklich würdigte er die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), wonach der Islam zu Deutschland gehöre.
Zum Verhältnis von Christentum und Islam in seinem Heimatland sagte Davutoglu, in der Türkei habe es in der jüngeren Vergangenheit keine Angriffe auf Kirchen gegeben. "Seit drei Jahren wird den nichtmuslimischen Stiftungen Eigentum zurückgegeben, das ihnen durch Enteignungen abgenommen worden war." Erstmals in der Geschichte der Republik, so Davutoglu, werde in Istanbul eine neue Kirche gebaut, und zwar für die syrisch-orthodoxe Kirche."
Christen und andere Religionsgemeinschaften klagen ungeachtet der seit der Jahrtausendwende eingeleiteten Reformen immer wieder über Diskriminierungen in der Türkei. Kritiker werfen der türkischen Regierung zudem Unregelmäßigkeiten bei dem Kirchenneubau in Istanbul vor. Bei dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Grundstück handele es sich um einen römisch-katholischen Friedhof, der 1950 vom Staat eingezogen worden sei. Proteste der katholischen Kirche verhallten bislang ungehört.
(KNA - pklln-89-00226)
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