Eltern und Lehrer wollen klare Vorgaben für Kopftuch-Konflikte
KNA 15.05.2015
Düsseldorf (KNA) Nach der Aufhebung des Kopftuchverbots für Lehrerinnen an nordrhein-westfälischen Schulen durch das Bundesverfassungsgericht drängen Lehrer- und Elternverbände sowie die beiden Kirchen auf verbindliche Regeln für Konfliktfälle. Es dürfe nicht den Schulen auferlegt werden, die mögliche Gefährdung oder Störung des Schulfriedens durch eine kopftuchtragende Lehrerin festzustellen, erklärte der Vorsitzende des NRW-Philologen-Verbandes, Peter Silbernagel, am Mittwoch bei einer Anhörung im Düsseldorfer Landtag. Damit seien Schulleiter vor Ort überfordert.
Nach der Entscheidung der Karlsruher Richter vom 13. März ist ein Kopftuchverbot nur im Einzelfall bei Störung des Schulfriedens gerechtfertigt. Zudem sei ein gesetzliches Privileg für christlich-abendländische Werte an den NRW-Schulen nicht mit der Verfassung vereinbar. Die rot-grüne Regierungskoalition und die CDU-Opposition wollen nun die vom höchsten Gericht angegriffene Gesetzespassage streichen und die Entscheidung über eine Störung des Schulfriedens der einzelnen Schule überlassen.
Bei der Anhörung verlangten auch andere Lehrer- und Elternverbände landeseinheitliche Sanktionen, falls eine Lehrkraft das Kopftuch für eine politische Provokation oder Indoktrination missbrauche. Hier sei Rechtssicherheit herzustellen, sagte der Landesvorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann. Die stellvertretende Landesvorsitzende der Lehrergewerkschaft GEW, Maike Finnern, warnte davor, durch unklare Gesetze "Konflikte in die Schulen" zu tragen. Nach Ansicht des Vorsitzenden der Schulleitervereinigung Gesamtschulen, Rainer Dahlhaus, hat das Kopftuch "eine Brisanz", die mit der Schulgesetzgebung nicht aufzufangen sei.
Die Kirchen schlugen wie der Philologen-Verband vor, das christliche Werte-Privileg nicht zu streichen, sondern auf die übrigen Religionen auszuweiten. Denn durch eine Abschaffung könnten "durch die Hintertür religionsfreie Räume" an den Schulen geschaffen werden. Eine Neuregelung dürfe Dritten nicht die Möglichkeit eröffnen, gegen religiöse Symbolik an Schulen vorzugehen, erklärte der Leiter des Katholischen Büros, Antonius Hamers. Diese Zeichen seien Ausdruck der grundgesetzlich garantierten positiven Religionsfreiheit. Der Gesetzgeber müsse indes ein Lehrerverhalten für unzulässig erklären, das gegen Menschenwürde, Gleichberechtigung oder die demokratische Grundordnung verstoße
Der Leiter des evangelischen Büros, Thomas Weckelmann, riet den Parlamentariern, "eine Balance zu finden" zwischen Glaubensfreiheit und staatlicher Neutralität. Religion sei "keine Privatsache, sondern Teil der Öffentlichkeit". Deshalb dürfe es an Schulen keine religionsfreien Räume geben.
(KNA - pkpln-89-00169)
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