Erstmals gemeinsame Liste arabischer Parteien bei Knesset-Wahl
KNA 06.02.2015
Von Andrea Krogmann (KNA)
Haifa/Jerusalem (KNA) Es gilt als ein "historischer Moment": Wenn am 17. März Israels Bürger zur Wahl der 20. Knesset an die Urne gebeten werden, wird erstmals eine vereinte Liste aller arabischen Parteien zur Wahl stehen. Das politische Spektrum der Bündnispartner, von islamisch-religiös über säkular-nationalistisch bis kommunistisch, könnte breiter kaum sein; mit der Listenverbindung "Hadasch" umfasst es selbst jüdische Kandidaten. Einen Zusammenhang zwischen Religionszugehörigkeit und Wahlverhalten der arabischen Wähler gibt es nach Einschätzung von arabischen Politik-Beobachtern nicht.
Jüngste Vorhersagen sehen die "Vereinte Liste" aus Hadasch, Balad, Ra'am Ta'al und der Islamischen Bewegung auf 12 von 120 Parlamentssitzen. Sollte der Zusammenschluss den gewünschten positiven Effekt für die zuletzt auf rund 53 Prozent gesunkene Wahlbeteiligung der 800.000 wahlberechtigten arabischen Israelis haben, könnten es nach Einschätzung des Adalah-Rechtszentrums für arabische Minderheiten in Israel bis zu 15 Sitze werden.
Adalah-Generaldirektor Hassan Jabareen setzt große Hoffnungen auf das Bündnis: "Die Liste steht als einzige hundertprozentig gegen Diskriminierung, Rassismus und Besatzung. Das sorgt für Hoffnung in der arabischen Bevölkerung und wird hoffentlich die Wahlbeteiligung fördern." Der Jerusalemer Anwalt und Experte in Fragen des Wahlverhaltens arabischer Israelis, Elias Khoury, teilt diese Einschätzung: "Der Zusammenschluss ist von strategischem Interesse und könnte ein Schritt in Richtung eines gemeinsamen Einsatzes für die Interessen der arabischen Israelis sein." Mit einer arabischen Wahlbeteiligung von 70 Prozent oder mehr für die Einheitsliste, so der orthodoxe Christ, könnte ein wirklicher politischer Wandel in Richtung einer jüdisch-arabischen Balance erreicht werden.
Zurückhaltend optimistisch äußert sich Azar Dakwar von der Organisation "Sikkuy", die sich für Gleichberechtigung zwischen jüdischen und arabischen Israelis einsetzt. Die Einheitsliste bringe einen wichtigen Vorteil, allerdings werde es sehr auf das konkrete Programm ankommen, betonte er. Gleichzeitig gebe es keine andere Kraft, die die Interessen der Araber vertrete. Vieles in der kommenden Wahl sei nicht vorhersehbar, sagt Dakwar, der dennoch eine höhere Wahlbeteiligung für möglich hält. Durch einen wachsenden jüdischen Ultranationalismus und offenen Hass gegen Araber besonders seit dem letzten Gazakrieg hätten die Araber gespürt, dass sich etwas verändert habe.
Mit Aida Tomeh Saliman und Basel Ghattas haben bei der "Vereinten Liste" zwei Christen einen si-cheren Platz. Traditionell seien arabische Christen in der israelischen Politik überproportional vertreten, sagen Dakwar und Khoury. Eine Unterscheidung der wahlberechtigten Araber in Muslime und Christen halten beide hingegen für künstlich. Man könne nicht sagen, dass eine Mehrheit von Christen beim Wahlgang von Glaubensfragen beeinflusst wäre, so Dakwar. Gleichwohl sieht er "Kräfte in diesem Land, die Palästinenser entlang ihrer religiösen Zugehörigkeit zu spalten suchen".
"Wenn es auf das Thema 'Rechte der Araber' kommt, spielt die Frage Christ oder Muslim keine Rol-le", sagt Khoury. Jüngste Untersuchungen vom arabischen Sozialforschungszentrum "Mada al Carmel" in Haifa stützen dies. Es lasse sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen Wahlverhalten und Religion feststellen, heißt es. Die leicht höhere Wahlbeteiligung der Christen im Vergleich zu Muslimen wie auch eine stärkere Tendenz zur kommunistischen Hadasch sei auf historische Gründe zurückzuführen.
"Letztlich", erklärt Hassan Jabareen, "haben arabische Wähler in Israel keine wirkliche Wahl zwischen Parteien. Ihre Wahl besteht darin, zu wählen oder nicht." Sowohl Wahlbeteiligung als auch Wahlboykott seien aus palästinensischer Sicht ein Akt des Protests gegen den Status der arabischen Minderheit im Staat Israel.
(KNA - pkmkq-89-00096)
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