In Rom gedenken Konfessionen gemeinsam ihrer Märtyrer
KNA 02.04.2015
Von Christoph Schmidt (KNA)
Rom (KNA) Enthauptete Kopten in Libyen, gekreuzigte Chaldäer im Irak, Sprengstoffattentate auf katholische und protestantische Kirchen in Pakistan - die "Ökumene des Blutes", wie Papst Franziskus sagt, scheint zwischen Christen aller Konfessionen längst dramatische Wirklichkeit. In Rom wird dies einmal im Jahr besonders deutlich, wenn die Gemeinschaft Sant'Egidio in der Karwoche zur ökumenischen Gebetsandacht für die Christen einlädt, die im 20. und 21. Jahrhundert wegen ihres Glaubens getötet wurden. Die Kirche Santa Maria di Trastevere ist am Dienstagabend gefüllt bis auf den letzten Platz. Flankiert von Geistlichen der Kopten, Äthiopier, Anglikaner, Lutheraner und etlichen anderen Bekenntnissen leitet der vatikanische Außenminister, Erzbischof Paul Richard Gallagher, die Feier. Kontinent für Kontinent werden die Namen Ermordeter verlesen, etwa der von Werner Groenewald, südafrikanischer Baptist und Arzt, den afghanische Taliban im Dezember 2014 zusammen mit seinem 17-jährigen Sohn und seiner 15-jährigen Tochter umbrachten. Oder den der katholischen Ordensfrau Lucia Pulici, die im September im Alter 75 Jahren zusammen mit zwei Mitschwestern in Burundi vergewaltigt und getötet wurde. Der Täter hatte sich über die Errichtung einer Pfarrei, angeblich auf seinem Land, geärgert. Die meisten der verlesenen Laien, Geistlichen und Ordensleute starben nicht, weil sie aktiv missioniert haben und andere Religionen zurückdrängen wollten. Es sind eher Missionare der Tat, die karitative Arbeit leisteten oder sich gegen Korruption, Verbrechen und Ausbeutung engagierten. Oder Menschen, die einfach nur Christen waren. Erinnert wird an süditalienische Priester, die von der Mafia erschossen wurden, an die Hunderttausenden von den Türken massakrierten Armenier, die von NS-Regime und Kommunismus liquidierten Märtyrer ihrer Kirchen. Täglich wird die Liste länger. "Wir haben keine exakten Zahlen, niemand kann sagen, wie viele Christen allein der 'Islamische Staat' im Irak und Syrien ermordet hat", sagt Marco Gnavi, Priester bei Sant'Egidio. Christen in Sicherheit hätten die Pflicht, wenigstens einmal im Jahr ihrer Glaubensbrüder und -schwestern zu gedenken, die nur deshalb starben, weil sie glauben, was sie glauben. "Die wenigsten werden mal heiliggesprochen, sofern es das in ihren Kirchen überhaupt gibt - aber alle hätten es verdient", bekräftigt der Geistliche. Nur nach besonders extremen Exzessen wie der Enthauptung von 21 Kopten in Libyen vergangenen Monat schaue die Welt hin, so Gnavi. Immerhin war die Christenverfolgung im Irak in der vorigen Woche erstmals Thema im Weltsicherheitsrat. Dort liegt der Fall klar. Doch kritische Stimmen, auch aus den Reihen der großen Kirchen, warnen davor, den Begriff vorschnell auf Länder anzuwenden, in denen Christen diskriminiert oder in Einzelfällen ermordet werden. Fest steht laut einer am Montag von der Konrad-Adenauer-Stiftung veröffentlichten Studie allerdings: Die Einschränkung der Religionsfreiheit hat weltweit zugenommen, bis hin zu blutiger Verfolgung. Laut der Studie lassen sich 102 von 198 untersuchten Ländern in dieses Raster einordnen. Und schon das Beispiel Pakistan zeigt, dass Diskriminierungsinstrumente wie ein Blasphemiegesetz im Handumdrehen zu tödlichen Übergriffen auf Christen führen können, die obendrein oft nur lasch geahndet werden. Immer wieder heißt es am Dienstag: "ermordet von islamischen Extremisten". Tatsächlich sterben die meisten, aber bei weitem nicht alle Märtyrer derzeit durch die Hand von Muslimen. "Aber auch viele Muslime sind Opfer ihrer eigenen Glaubensbrüder", stellt Gallagher in seiner Predigt klar. Im Kern gehe die Gewalt gegen die Christen nicht von einer Religion aus, sondern von der Verneinung der Friedenslehre Jesu - ob durch islamische Verblendete oder durch mexikanische Drogengangster. Sant'Egidio-Pfarrer Gnavi ist überzeugt: "Der Tod der Märtyrer führt uns alle zum Kern unseres Glaubens zurück. Sie sind ein ganz wichtiger Impuls für die Ökumene." Keiner dieser Menschen, so Gnavi, sei umsonst gestorben.
(KNA - pkokl-89-00150)
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