Religionspädagoge Ucar: Mit Bildung gegen Radikalisierung
KNA 19.01.2015
Frankfurt (KNA) Nach Einschätzung des Religionspädagogen Bülent Ucar kann die Weitergabe des Wissens von Theologen und Religionslehrern eine Radikalisierung von Muslimen verhindern. Es sei wichtig, dass sich Theologen mit den schwierigen Textstellen auseinandersetzen, damit sie sich glaubwürdig von den Terrorakten distanzieren und ihr Wissen an die Laien weitergeben könnten, sagte Ucar in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". "Wenn wir diese Themen nicht besprechen, würden wir das Feld den Extremisten, den Rattenfängern überlassen."
Radikalisierte Muslime bezögen sich auf problematische Textstellen in den Primärquellen des Islam und der Tradition, "um im Namen des Islams Gewaltakte zu verüben", führt der Islamwissenschaftler der Universität Osnabrück aus. Die Koranverse dürften jedoch nur vor dem damaligen historischen Hintergrund verstanden werden. Im siebten Jahrhundert sei Krieg auf der Arabischen Halbinsel der "Normalzustand" gewesen. Muslime mussten aus Medina auswandern, hatten ihren eigenen Stadtstaat gegründet und wurden angegriffen. "Unter diesen Rahmenbedingungen haben sie zu den Waffen gegriffen, sich verteidigt und auch Präventivkriege geführt", so Ucar. Dies schlage sich in den Koranversen nieder.
Die islamische Theologie und Kultur leide unter der Wortgläubigkeit, wie sie salafistische Strömungen annehmen, so Ucar. Der Prophet habe seinen Staat Medina nicht durch Zwang, Gewalt oder Terror begründet. Religion sei nicht dazu da, den Staat zu islamisieren. "Religionen sollen Menschen zu Gott führen", sagte der Theologe. Gläubige Menschen sollen laut Ucar durch Teilnahme an Wahlen einen demokratischen Staat mitprägen.
(KNA - pklls-89-00047)
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