Süssmuth: Gegen IS helfen Diskussionskultur und Aufklärung
KNA 16.02.2015
Wien (KNA) Die frühere Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) setzt in der Auseinandersetzung mit islamistischem Terror auf Diskussionskultur und Aufklärung statt auf Verbote. "Diskussionen zu tabuisieren schafft keine Klärung", sagte Süssmuth im Interview der österreichischen Presseagentur Kathpress (Montag). Wo religiöse Symbole oder Anschauungen nicht verstanden würden, müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden. In vielen Bereichen gebe es bereits Fortschritte; es seien aber auch viele Prozesse in Gang gesetzt worden, "die Zeit brauchen". Süssmuth wird an diesem Dienstag 78 Jahre alt.
Positiv bewertet die frühere Bundestagspräsidentin eine zunehmend deutliche Differenzierung zwischen Muslimen und Islamisten: "Was im Moment passiert, hat wenig mit dem Islam zu tun", sagte Süssmuth. Tatsächlich lägen Probleme vielmehr in politischen Auseinandersetzungen, einer schlechten Wirtschaftslage und radikalen Machtansprüchen.
Mit Blick auf die "Pegida"-Demonstrationen und die islamistischen Anschläge auf das französische Satiremagazin "Charlie Hebdo" macht sie eine tiefe Verunsicherung in der Gesellschaft aus. Das Verhältnis zwischen Religion und Politik sei in der EU "neutral, zu distanziert und vorsichtig". Allerdings gebe es Unterschiede zwischen den 28 Mitgliedstaaten. Es brauche angesichts zunehmender internationaler Konflikte eine Vertiefung dieser Beziehung in Form einer neuen Streitkultur. Religion dürfe nicht aus der Öffentlichkeit verdrängt werden; sie gehöre vielmehr "mitten in die Welt", sagte die CDU-Politikerin.
Kritisch äußerte sich Süssmuth in Bezug auf Karikaturen, bei denen nicht bedacht werde, was sie in den Angesprochenen auslösen: "Der Ruf nach mehr Freiheit kann so einseitig nicht stehen bleiben; sie muss ergänzt werden um verantwortete Freiheit."
Allerdings brauche es klare Grenzen gegenüber radikal-islamischen Gruppierungen: "Wenn wir nicht wachsam gegenüber Salafisten und Dschihadisten sind, kommen wir in unserer Ratlosigkeit um", warnte sie.
Formen der Religionsausübung wie das Tragen eines Kopftuchs möchte Süssmuth nicht verboten wissen; der einzelne Mensch darunter dürfe nicht vergessen werden. "Unter dem Kopftuch stecken schlaue Köpfe." Würden Mädchen jedoch gegen ihren Willen gezwungen, es zu tragen, bräuchten sie entsprechend Schutz.
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(KNA - pkmlq-89-00087)
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